Renewable energy power distribution with house office factory buildings, solar panel plant station, wind and high voltage electricity grid pylons, electric transformer. Smart virtual battery storage. Foto: echolot PR

Bidirektionales Laden: Das (noch) fehlende Puzzlestück zum modernen Energiesystem

Elektrofahrzeuge avancieren immer mehr zu einem Schlüsselbaustein eines zukunftsfähigen Energiesystems. Durch bidirektionales Laden können sie nicht nur Energie aufnehmen und speichern, sondern bei Bedarf gezielt ins Netz zurückspeisen. Diese Fähigkeit eröffnet vielfältige Möglichkeiten – von der Stabilisierung des Stromnetzes über die Optimierung von Energiekosten bis hin zur effizienteren Nutzung erneuerbarer Energien.

Das bidirektionale Laden bringt jedoch nicht nur praktische Anwendungen mit sich, sondern erweitert die Funktion von Elektrofahrzeugen zu flexiblen Energiespeichern mit Mehrwert für das gesamte Energiesystem. Doch welche technischen, regulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, um bidirektionales Laden großflächig zu etablieren – und wie lassen sich Nutzer und Anbieter gleichermaßen in ein solches System integrieren? Kien Khang Le, Experte für Ladeinfrastruktur bei dem Stuttgarter Ladeinfrastruktur-Spezialist eliso, erläutert in der aktuellen Ausgabe des eMove360° Magazins die Chancen und Herausforderungen, die sich jetzt für die Branche ergeben.

Bidirektionales Laden: Vom Fahrzeug zur Energiezentrale

Elektrofahrzeuge eröffnen durch bidirektionales Laden weit mehr Möglichkeiten als nur Mobilität. Sie werden zu essenziellen Bestandteilen eines zukunftsorientierten Energiesystems und leisten einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Dabei gibt es verschiedene Einsatzmöglichkeiten, insbesondere Vehicle-to-Grid (V2G). Dieses Konzept ermöglicht es, den Strom aus der Elektrofahrzeugbatterie über eine geeignete Ladeinfrastruktur in das öffentliche Stromnetz einzuspeisen. Dadurch kann bei hoher Nachfrage Energie in das Netz zurückgespeist werden, während bei einem Überschuss Strom im Fahrzeug gespeichert wird. Auf diese Weise werden Elektrofahrzeuge netzdienlich in das Energiesystem eingebunden, tragen zur Glättung von Lastspitzen bei und erhöhen die Versorgungssicherheit. Darüber hinaus bieten sich wirtschaftliche Potenziale, etwa durch den Handel mit Strom oder die Bereitstellung von Regelleistung.

Des Weiteren wird bei Vehicle-to-Home (V2H) oder Vehicle-to-Building (V2B) die Fahrzeugbatterie als stationärer Speicher genutzt, der Strom für Häuser oder Gebäude bereitstellt, um Eigenverbrauch zu optimieren, Kosten bei hohen Strompreisen zu senken oder Notstrom bereitzustellen. Ergänzend dazu erlaubt Vehicle-to-Load (V2L), die Batterie als mobile Stromquelle zu nutzen. Dies ermöglicht die flexible Nutzung elektrischer Energie, beispielsweise beim Camping, um Geräte wie Kühlschränke oder Beleuchtung zu betreiben, auf Baustellen für Elektrowerkzeuge oder in Notfällen, um medizinische Geräte oder andere kritische Infrastruktur mit Strom zu versorgen.

Lastspitzen ausgleichen und Überkapazitäten nutzen

Für den Ausbau eines öffentlichen Ladenetzes ist Vehicle-to-Grid (V2G) ein zentraler Bestandteil. „Durch Vehicle-to-Grid werden Elektrofahrzeuge und Ladestationen zu aktiven Elementen der Netzstabilisierung, die Schwankungen im Energiesystem effektiv ausgleichen können“, sagt Kien Khang Le.

„V2G ermöglicht es, überschüssigen Strom in Fahrzeugbatterien zu speichern und bei Bedarf ins Netz zurückzuspeisen, wodurch die Versorgungssicherheit erhöht, und eine effizientere Nutzung vorhandener Energieressourcen erreicht wird. Dabei können die Fahrzeughalter von finanziellen Einsparungen profitieren.“

Doch wie funktioniert das genau? Bei der Nutzung von V2G werden Elektrofahrzeuge über eine Ladeinfrastruktur intelligent mit dem Stromnetz verbunden. Die Ladepunkte kommunizieren in Echtzeit mit dem Netzbetrieb und steuern den Energiefluss je nach Bedarf. „Steigt der Stromverbrauch im Netz plötzlich an, können Elektrofahrzeuge Energie aus ihren Batterien in das Stromnetz einspeisen und dadurch Lastspitzen ausgleichen. Umgekehrt laden die Fahrzeuge ihre Batterien bei Überkapazität im Stromnetz, etwa an sonnigen Tagen oder bei starkem Wind, wenn besonders viel erneuerbarer Strom erzeugt wird. Auf diese Weise stabilisieren sie das Stromnetz und fördern eine effiziente Nutzung und Integration von Elektrofahrzeugen sowie von erneuerbaren Energien in das Energiesystem.“

Technische Voraussetzungen

Eine der zentralen Voraussetzungen für V2G sind bidirektionale Wechselrichter und intelligente Messsysteme, um die Energieflüsse zu messen und abzurechnen. Smarte Lastmanagementlösungen sorgen dafür, dass die verfügbare Energie effizient verteilt wird. Standardisierte Kommunikationsschnittstellen, wie der ISO-15118-Standard, spielen hierbei eine zentrale Rolle. Sie ermöglichen eine einheitliche und effiziente Datenübertragung zwischen Fahrzeug, Ladepunkt und Netzbetreiber. Ohne diese Standards wäre eine reibungslose Interaktion und Koordination zwischen den beteiligten Akteuren nicht gewährleistet. Der ISO-15118-Standard sorgt insbesondere für die sichere Authentifizierung, die Optimierung von Lade- und Entladeprozessen sowie die Integration intelligenter Funktionen wie Plug-and-Charge.

Für den Einsatz von bidirektionalem Laden muss außerdem die Netzanschlusskapazität vor Ort berücksichtigt werden. Diese muss so ausgelegt sein, dass sowohl das Laden als auch das Rückspeisen von Energie möglich ist, ohne die Netzstabilität zu gefährden. Eine weitere technische Herausforderung besteht in der präzisen Messung der Energieflüsse, die jedem Fahrzeug individuell zugeordnet werden müssen. „Die Zuordnung von Energieflüssen ist nicht nur eine technische, sondern auch eine datenschutz- und steuerrechtliche Herausforderung, die zunächst vom Gesetzgeber geregelt werden muss.“

Regulatorische Herausforderungen

Neben der technischen Infrastruktur sind klare regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Dazu gehören Standards für den Netzanschluss, Mindest- und Maximalkapazitäten für die Rückspeisung sowie Regelungen für den Zugang von Fahrzeugen zum V2G-Markt. „Wir brauchen klare Vorgaben, wie Elektrofahrzeuge als mobile Speicher agieren können und dürfen“, so der Experte.

Außerdem müssen Unklarheiten bezüglich Netzentgelten und potenziellen Umlagen auf rückgespeiste Energie noch beseitigt werden. Um V2G für alle Beteiligten attraktiv zu machen, müssen neben den technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen auch marktwirtschaftlich sinnvolle Geschäftsmodelle entwickelt werden.

eliso ist Spezialist für Ladeinfrastruktur und betreibt seit 2016 Ladestationen für die Elektroauto-Fahrer von Heute und Morgen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart und Standort in Berlin errichtet und betreibt deutschlandweit ein stetig wachsendes Netz aus öffentlichen Ultra-Schnellladestationen für alle Elektrofahrzeuge. Dabei setzt eliso den Schwerpunkt auf zukunftssichere Standorte in verkehrsgünstigen Lagen, an denen mit bis zu 400 kW Ladeleistung geladen werden kann. Von Anfang an hat eliso es sich zur Aufgabe gemacht, jeden Tag an der elektromobilen Zukunft zu arbeiten und die Strukturen für eine nachhaltige Mobilität zu schaffen. Seit 2022 ist eliso ein Teil von VINCI Concessions, einem der führenden europäischen Betreiber von Mobilitätsinfrastruktur. Im September 2023 wurde eliso durch den Bund als Betreiber für das Deutschlandnetz ausgewählt.

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22.04.2025   |  

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