Biobasierte Faser-Kunststoff-Verbunde für Leichtbau-Anwendungen

Autos sollen leichter und damit umweltschonender werden. Ein wichtiger Ansatz dabei ist es, metallische Bauteile durch Faser-Kunststoff-Verbunde mit gleicher Stabilität zu ersetzen. Ein Team des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) hat gemeinsam mit Partnern endlosfaserverstärkte Kunststoff-Verbunde entwickelt, die nicht nur sehr gute Leichtbau-Eigenschaften besitzen, sondern sogar auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt worden sind.

Faser-Kunststoff-Verbunde sind ideale Werkstoffe für den Leichtbau, denn sie weisen eine hohe Festigkeit und Steifigkeit bei gleichzeitig geringer Dichte auf, außerdem besitzen sie gute Dämpfungseigenschaften und sind sehr korrosions- und witterungsbeständig.

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der BYK Chemie GmbH aus Wesel in Nordrhein-Westfalen sowie der GK Concept GmbH aus Dresden wurden am Fraunhofer IMWS biobasierte, endlosfaserverstärkte Halbzeuge entwickelt.

Diese Halbzeuge, sogenannte UD-Tapes, bestehen aus parallel nebeneinander abgelegten Endlosfasern und einer Polymilchsäure-basierten thermoplastischen Matrix, welche die Fasern so einbettet, dass eine endlosfaserverstärkte Folie entsteht. Durch das Übereinanderlegen und das thermische Verpressen mehrerer Folienlagen generiert man hochleistungsfähige Platten, durch deren Weiterverarbeitung die Faserorientierung im Bauteil direkt an den Lastverlauf im späteren Einsatzfall angepasst werden kann.

Das Projekt am Fraunhofer IMWS setzte gezielt auf eine Verminderung rohölbasierter Materialien, indem biobasierte Alternativen auf Basis nachwachsender Rohstoffe sowohl kunststoff- als auch faserseitig für die Entwicklungsarbeiten verwendet wurden.

Die Forscherinnen und Forscher entwickelten ein Polymerblend, das zu 70 Prozent biobasiert ist. Es besteht aus Polypropylen und Polymilchsäure, die aus Zuckerrohr und Mais synthetisiert werden kann.

In einer zweiten Entwicklungsstufe hat das Projektteam aus diesen Blends biobasierte UD-Tapes erzeugt: In einem Folien-Imprägnierverfahren wurden unidirektional ausgerichtete Celluloseregeneratfasern mit der entwickelten Kunststoff-Folie zu UD-Tapes zusammengeführt, um schließlich sehr stabile Laminate pressen zu können.

Ergebnis: Mit Gewichtsersparnissen im Automobil-Interieurbereich von bis zu 20 Prozent und einer gleichzeitigen Performance-Steigerung, beispielsweise der Biegefestigkeit um mehr als 90 Prozent im Vergleich zu herkömmlich verwendeten biobasierten Materialsystemen, können diese sehr gut als Basis für den gezielten Strukturleichtbau genutzt werden.

»Wir haben die hochwertige, biobasierte Faser an eine größtenteils biogene Thermoplastmatrix angebunden und so einen Werkstoff mit sehr guter mechanischer Performance, etwa bei den Biege- und Zugeigenschaften, erhalten. Diese Tendenzen in unseren Entwicklungsarbeiten sind sehr vielversprechend für den nachhaltigen Leichtbau«, sagt Ivonne Jahn, Leiterin der Gruppe »Thermoplastbasierte Faserverbund-Halbzeuge« am Fraunhofer IMWS.

In Zusammenarbeit mit der GKC GmbH stellten sie und ihre Kollegen am Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung PAZ in Schkopau mittels Hybridspritzguss und Pressverfahren verschiedene Musterbauteile im Pilotmaßstab her, etwa einen Armlehnendemonstrator.

Durch die Arbeiten zur Technologie- und Materialentwicklung ist die Basis für den späteren Einsatz dieser biopolymerbasierten Verbundwerkstoffe im Automobilbau geschaffen. Ivonne Jahn sieht vielfältige Einsatzmöglichkeiten für die Bio-UD-Tapes: »Je besser unsere Laminate werden, desto wirtschaftlicher können später spezielle Baugruppen wie beispielsweise für das Interieur von Autos für den Industriemaßstab hergestellt werden.

Die am Pilotanlagenzentrum verfügbaren innovativen und weiterentwickelten Verfahren im Zusammenspiel mit den neuen Werkstoffkombinationen erhöhen das Potenzial für zukünftige Leichtbauanwendungen, da biobasierte Verbundwerkstoffe für neue Anwendungsgenerationen nicht mehr wegzudenken sind.«

www.imws.fraunhofer.de

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02.05.2018   |  

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