Algorithmen blicken in die Zukunft
Das oberste Ziel bei der Entwicklung von Software für autonome Fahrzeuge sei es daher sicherzustellen, dass diese keine Unfälle verursachen. Zusammen mit seinem Team hat Althoff, der Mitglied der Munich School of Robotics and Machine Intelligence an der TUM ist, jetzt ein Softwaremodul entwickelt, das während der Fahrt permanent das Geschehen analysiert und prognostiziert: Die Sensordaten des Fahrzeugs werden im Millisekundentakt erfasst und ausgewertet. Die Software berechnet nun für jede Verkehrsteilnehmerin und jeden Verkehrsteilnehmer alle möglichen Bewegungen – zumindest soweit sich diese im Einklang mit der Straßenverkehrsordnung befinden; drei bis sechs Sekunden blickt das System auf diese Weise in die Zukunft.
Auf Grundlage dieser künftigen Szenarien ermittelt das System für das Fahrzeug verschiedene Bewegungsoptionen. Gleichzeitig kalkuliert das Programm mögliche Notmanöver, mit denen das Fahrzeug – durch Beschleunigen oder Abbremsen – an einen sicheren Ort gebracht werden kann, ohne andere zu gefährden. Nur wenn eine Route ohne voraussehbare Kollision befahren werden kann und gleichzeitig ein Notmanöver möglich ist, darf sie vom autonomen Fahrzeug genutzt werden.
Schnelle Berechnung durch vereinfachte Modelle
Eine derart detaillierte Prognose des Verkehrsgeschehens galt bisher als zu aufwändig und daher als nicht praktikabel. Das Münchner Forschungsteam konnte jetzt nicht nur zeigen, dass eine Datenauswertung in Echtzeit und eine gleichzeitige Simulation der künftigen Verkehrssituation theoretisch möglich ist, sondern auch den Nachweis erbringen, dass sie zuverlässige Ergebnisse liefert.
Möglich werden die schnellen Berechnungen durch vereinfachte dynamische Modelle. In der sogenannten Erreichbarkeitsanalyse wird errechnet, welche Positionen zum Beispiel ein Auto oder eine Fußgängerin in der Zukunft einnehmen kann. Werden nun alle Eigenschaften der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer dabei berücksichtigt, ist die Berechnung aufwendig. Althoff und sein Team arbeiten daher mit vereinfachten Modellen. Diese sind den realen in ihrem Bewegungsspielraum überlegen – aber mathematisch einfacher zu erfassen. So können sie durch den größeren Bewegungsspielraum mehr mögliche Positionen einnehmen – darin sind gleichzeitig auch die Positionen enthalten, die für die realen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer erwartet werden.
Reale Verkehrsdaten für eine virtuelle Testumgebung
Für die Evaluierung erstellten die Informatikerinnen und Informatiker ein virtuelles Modell, das auf realen Daten basiert. Diese hatte das Team bei Testfahren mit einem autonomen Fahrzeug in München gesammelt. Auf diese Weise konnte eine Testumgebung geschaffen werden, die alltägliche Verkehrsszenarien widerspiegelt. „Mit Hilfe der Simulationen konnten wir zeigen, dass das Sicherheitsmodul zu keinerlei Leistungseinbußen im Fahrverhalten führt, dass die Prognose-Kalkulationen korrekt sind, Unfälle verhindert werden und das Fahrzeug im Notfall beweisbar sicher gestoppt wird“, resümiert Althoff.
Die neue Sicherheitssoftware könne die Entwicklung von autonomen Fahrzeugen erleichtern, weil sie mit allen gängigen Programmen zur Bewegungssteuerung kombinierbar sei, betont der Informatiker.
Quelle: www.tum.de
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