Erfolgreiche E-Mobility von ZF: Speed auf der Strecke, Reichweite im realen Verkehr

Seit 2016 verbindet ZF und Venturi eine Technologiepartnerschaft in der FIA Formel E. Für die fünfte Saison hat ZF einen elektrischen Antrieb für das Venturi-Team entwickelt, der einen elektrischen Motor, ein neu entwickeltes Getriebe und die Leistungselektronik umfasst.

In der dreimonatigen Rennpause zwischen dem letzten Rennen der Saison 4 und dem ersten Rennen der Saison 5 beschritten die ZF-Ingenieure Wege, die in der Serienentwicklung nicht möglich sind, testeten Grenzen aus und profitierten dabei vor allem vom System-Know-how des Konzerns. Nun wurde mit dem ersten Rennsieg und dem fünften Platz in dieser Saison die bisherige Entwicklungsarbeit belohnt. Gleichzeitig gibt das im Rennbetrieb erworbene und erprobte Know-how Impulse, die direkt in die Serienentwicklung einfließen.

„Wir entwickeln nicht nur elektrische Antriebe für Pkw, Busse und Nutzfahrzeuge; von uns speziell entwickelte Technik besteht auch im extremen Rennsporteinsatz, wo es auf jede Wattsekunde aus der Batterie, höchste Effizienz und am Ende auf jede Hundertstelsekunde ankommt“, so Jörg Grotendorst, Leiter der ZF-Division E-Mobility. Jüngstes Beispiel für diesen Anspruch des Systemanbieters ist der für die Formel E entwickelte E-Antrieb mit einer Maximalleistung von 250 kW für die Boliden des in Monaco ansässigen Teams Venturi.

Beim zurückliegenden Formel-E-Lauf in Hongkong fuhr Edoardo Mortara den allerersten Rennsieg für Venturi ein. Ein großartiger fünfter Platz des Ex-Formel-1-Piloten Felipe Massa komplettierte das bislang erfolgreichste Rennwochenende für die Partner Venturi und ZF.

Full Speed schon bei der Entwicklung

„Es ist faszinierend, Technologien für den Rennsport anzupassen und den Fokus vor allem auf Performance und die Jagd nach Zehntelsekunden zu richten“, so Tobias Hofmann, Projektleiter für den Formel-E-Antrieb. „Innerhalb weniger Monate stand das Konzept für den Antrieb, denn bis zum ersten Tests auf der Rennstrecke waren lediglich anderthalb Jahre Zeit.“ In dieser Zeitspanne gelang es den ZF Ingenieuren von Konzeption über Teilebeschaffung und Test am Prüfstand einen Hochleistungs-Antrieb auf die Beine zu stellen, der dann weitere acht Monate später sein erstes Rennen in Saudi-Arabien bestritt. „Die Entwicklungsphase war höchst dynamisch und geprägt von zahlreichen Variablen sowie kurzfristigen Änderungen und Designschleifen“, erklärt Hofmann. So ergaben sich wesentliche Anforderungen für den Antrieb erst spät –beispielsweise der „Attack Mode“, der dem Piloten kurzzeitig 25 kW Mehrleistung für Überholmanöver zur Verfügung stellt.

Dagegen stand neben der Steigerung der Effizienz und maximaler Gewichtseinsparung eine hohe Haltbarkeit von Beginn an als Parameter fest: Die Antriebskomponenten der Formel-E-Boliden müssen die 13 Rennen einer Saison mit insgesamt über 5.000 Renn- und Qualifying-Kilometern durchhalten. Die Teams dürfen die Antriebskomponenten pro Fahrzeug nur einmal ersetzen, ein weiterer Tausch hat empfindliche Zeitstrafen zur Folge.

Systemansatz bringt höheren Wirkungsgrad und niedriges Gewicht

Um maximale Effizienz und Gewichtsersparnis miteinander zu verbinden, spielte ZF seine Systemkompetenz aus. So erreicht der E-Antrieb mit gezielt ausgelegter Übersetzung sowie Leistungselektronik ein extrem niedriges Systemgewicht und einen Wirkungsgrad, der deutlich über dem von Serienanwendungen liegt. Erst das Zusammenführen von Materialwissen, Erfahrung in der Verzahnungstechnik inklusive optimaler Schmierung und Kühlung sowie neuester Trends für Leistungselektroniken ergab ein optimales Gesamtpaket. „Einzelmaßnahmen ohne diesen Systemansatz wären in ihrer Wirkung verpufft“, sagt Hofmann.

So setzte ZF für das Getriebegehäuse eine metallische Leichtbaulegierung ein, im Gehäuse der Leistungselektronik sogar Carbon – beide Materialien senken im Vergleich zu klassischen Materialien deutlich das Gewicht. Damit das – insgesamt ebenfalls gewichtsparende – Konzept einer hocheffizienten Getriebeübersetzung realisiert werden konnte, mussten die Ingenieure bei Kühlung und Schmierung neue Wege gehen. Eine Trockensumpf-Schmierung erhöht den Wirkungsgrad im Übersetzungsgetriebe. Bei der Leistungselektronik setzte das ZF-Team erstmals Siliziumcarbid als Halbleiter ein. Chipsätze aus Siliziumcarbid lassen sich zehnmal dünner auslegen als ihre aktuellen Pendants aus Silizium, was einen geringeren Innenwiderstand erzeugt. In der Folge steigen Wirkungsgrad und Reichweite der Batterie.

Impulse für die Serienentwicklung

„Erfahrungen, die wir mit der Racing-Anwendung gemacht haben, werden vielfach Auswirkungen auf künftige ZF-Produkte haben, erläutert Jörg Grotendorst.
Ein Beispiel ist das Siliziumcarbid in der Leistungselektronik, dessen Serieneinsatz ZF in etwa drei bis vier Jahren plant. Die Erfahrungen und Daten, die ZF nun in der Formel E sammelt, fließen direkt in die Weiterentwicklung dieser neuen Technologie ein. Auch Konzepte, die ZF zunächst speziell für die Racing-Anwendung entwickelt hat, finden nach und nach den Weg in Serienanwendungen, so beispielsweise ein spezielles Wicklungsverfahren für den Stator der E-Maschine.

Auf die Testanlagen hat sich die Entwicklung des elektrischen Motorsportantriebs ebenfalls positiv ausgewirkt. Bei einem Antrieb, für den der Hauptfokus auf Effizienz liegt, kommt es auf jedes Detail an. In Verbindung mit System-Wirkungsgraden, die den idealtypischen 100 Prozent nahekommen, bedeutet dies eine hohe Anforderung an die Messgenauigkeit der Prüfumgebung. Ein solch präzises Setup bringt nun jedoch auch Vorteile bei der Erprobung der ZF-Vorserienprojekte.
Und auch die Notwendigkeit, unter Zeitdruck Grenzen zu überwinden und neue Wege zu gehen, wird sich in künftigen Entwicklungsprojekten widerspiegeln: „Die Systementwicklung mit vielen offenen Parametern ist grundsätzlich bei einem ‚New Automotive Customer‘, etwa Hersteller von elektrischen Kleinbussen und Transportern, recht ähnlich wie bei einem Motorsport-Projekt“, so Hofmann. Die Leistung der ZF-Ingenieure, auch ohne ausgefeiltes Lastenheft zu einem tragfähigen Konzept und zu einem optimalen Systemansatz zu kommen, wird sich so als Wettbewerbsvorteil erweisen.

www.zf.com

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28.03.2019   |  

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