Christian Labonte verantwortlich für Designkommunikation und strategische Projekte innerhalb AUDI Design. Foto: AUDI AG

Im Porträt: Christian Labonte MATERIALICA Design + Technology Award Jury-Mitglied, verantwortlich für Designkommunikation und strategische Projekte innerhalb Audi Design

Im eMove360° Magazin stellen wir regelmäßig langjährige Jury-Mitglieder des eMove360° Award für Elektromobilität & Autonomes Fahren und des MATERIALICA Design + Technology Award vor. Auf Prof. Dr.-Ing. Markus Lienkamp, Leiter Lehrstuhl Fahrzeugtechnik der TU München und Holger Czuday, Leiter des Cluster Automotive bei der Bayern Innovativ GmbH, folgt nun Christian Labonte, langjähriger Designmanager und -stratege bei Audi.

Sabine Metzger hat mit ihm gesprochen.

Herr Labonte, Sie sind quasi seit der ersten Stunde in der MATERIALICA Design + Technology-Award-Jury? Wir sind stolz und froh, Sie in der Jury zu haben. Viele interessante Einreichungen haben wir gemeinsam in den vergangenen Jahren begutachtet. Ist Ihnen eine Einreichung besonders in Erinnerung geblieben?

Labonte: Vielen Dank für die Rückmeldung. Wenn ich richtig liege, ist dies zwischenzeitlich 17 Jahre her. Zu Ihrer Frage: Es gibt jedes Jahr herausragende und verblüffend gute Einreichungen. Besonders beeindruckt war ich etwa 2007. In der Kategorie „Produkt“ haben wir damals einen Ski der Firma Zai aus dem Engadin mit einem „Best of“ gewürdigt. Der Allround-Carver war aus einem neuartigen Materialmix gefertigt. Als Sandwichkonstruktion entwickelt, hatte er im Kern einen lokalen Granit verarbeitet, in Verbindung mit Carbonaußenlagen. Das Ergebnis war eine enorme Performanceverbesserung des Produkts mit mehr Laufruhe und Griffigkeit, bei gleichzeitig hoher Elastizität und weniger Kraftaufwand.

Neben disruptiven Innovationen sind immer mal Einreichungen dabei, die aus einer Optimierung hervorgegangen sind. Das überraschende ist hier oft die enorme Verbesserung mit großem Wirkungsgrad bezüglich Materialeinsparung, Festigkeitserhöhung und Verlängerung des Lebenszyklus. Eigenschaften also, die massiv auf das Nachhaltigkeitskonto einzahlen.

Warum liegt Ihnen der MATERIALICA Design + Technology-Award am Herzen? Was ist das Besondere?

 Labonte: Wir kommen seit langer Zeit einmal im Jahr zusammen  – jedes Jurymitglied mit seinem individuellen Wissen und spezifischen Erfahrungen. Die zum Teil kontrovers geführten Diskussionen und Einblicke der Kolleginnen und Kollegen sind wertvolle Momente, in denen man eine Menge vom Anderen lernen kann.

Zudem stellt man die eigene Sicht auf den Prüfstein, diskutiert, wägt ab oder bleibt bei seiner Position. Ein wertvoller Prozess, an dessen Ende immer Gewinnerinnen und Gewinner zu finden sind – eben in den vier bekannten Kategorien.

Was war in Ihrer Karriere der MOMENT, den Sie nie vergessen werden?

Labonte: Wenn ich zurückschaue, dann gab es für mich nicht den einen „BANG-Moment“. Vielmehr ist es die Summe verschiedener Situationen, Projekte und Begegnungen. Viele kleine Momente haben hier die Würze ausgemacht.

Sicherlich herausragend war meine kuratierende und intensive Mitarbeit in der Audi Urban Future Initiative. Wir haben 2010 und 2012 zwei internationale Architektur-Awards konzipiert, begleitet und durchgeführt. Dazwischen haben wir im Rahmen der IAA 2011 ein großes Symposium unter der Schirmherrschaft von Saskia Sassen und Richard Sernett abgehalten. Viele Workshops mit und zum Teil bei den beteiligten Architekturbüros wie etwa BIG (Kopenhagen), Höweler + Yoon Architecture (Boston/Washington), NODE Architecture & Urbanism (Shenzen), Superpool (Istanbul) und Urban-Think Tank (São Paulo), waren großartig und sehr lehrreich.

Ebenso bewegend – und das meine ich durchaus im wörtlichen Sinne – war das Projekt Carsharing bei Audi. Vom ersten Tag an sind wir wie ein Start-up in München gestartet. Haben verschiedene Use-Cases und Geschäftsmodelle für geteilte Mobilität entwickelt und als Pilot-Projekte in der frühen Phase in Stockholm, San Francisco und Deutschland verprobt. In den drei Jahren habe ich die Langfriststrategie und die Entwicklung der implementierten Fahrzeugtechnik verantwortet. Aus der von uns entwickelten Organisation wurde später die Audi Business Innovation GmbH. Eine ebenfalls super spannende Zeit.

Und der Ruf auf die Professur für Interaction Design: Das war schon ein wirklich besonderer Moment für mich.

Woran arbeiten Sie gerade?

Labonte: Wenn Sie sich unsere aktuellen Concept Cars, die Audi sphere-Trilogie ansehen, wird dies deutlich. Die Konzepte sind Teaser unseres zukünftigen Portfolios, ausgehend vom Innenraum und seiner Nutzbarkeit: Eine Erlebniswelt, die weit über den zweckgebundenen Aufenthalt an Bord, über den singulären Transport von A nach B hinausgeht. Deshalb arbeiten wir im Design mit an Lösungen für ein neues Nutzererlebnis, das maximal nachhaltig konzipiert ist und durch das automatisierte Fahren und einen hohen Digitalisierungsgrad ermöglicht wird.

Neben Ihrer Tätigkeit bei Audi sind Sie seit zwanzig Jahren als Designdozent an Hochschulen im In- und Ausland tätig. Was faszinierte Sie an der Arbeit mit den Studierenden? Was wollten Sie dem jungen „Design-Nachwuchs“ mit auf dem Weg geben?

Labonte: Jedes Jahr neue Talente, interessierte und intrinsisch hoch motivierte Studierende kennen zu lernen, ist großartig. Junge Kreative überraschen mit immer wieder mit tollen Konzepten, Sichtweisen und einer kritischen manchmal positiv, radikalen Sichtweise. Ich versuche schnell mit dem Nachwuchs in einen kontroversen, konstruktiven Diskurs zu gelangen und sie zu Hochleistung zu motivieren. Dazu bringe ich meine drei Jahrzehnte Designerfahrung ein. Im Gegenzug entstehen auch für mich tolle Impulse und ein genaueres Verständnis für sich verändernde Werte der nächsten Designerinnen- und Designer-Generation.

Ich hatte viele Vorbilder, Lehrer und Vorgesetzte, von denen ich habe lernen dürfen. Mir ist es ein Anliegen, meine Erfahrungen weiter zu geben und mit der Ausbildung einen gesellschaftlichen Beitrag zur und für die künftige Disziplin zu leisten. Das motiviert mich sehr.

Welches sehen Sie als größte Herausforderung für die Zukunft?

Labonte: Das Automobil ist heute in einem größeren Kontext zu sehen, mit neuen Mitspielern, neuen Technologien und innovativen Möglichkeiten der Nutzerinteraktion. Das Auto wird immer mehr zu einem vollumfänglichen „mobile device“, eingebettet in Ökosysteme. Es lernt und versteht die Bedürfnisse seiner User und kann deshalb wertvolle Mehrwerte und Angebote machen – dies im Zusammenhang von Gesundheit, Sicherheit, Unterhaltung, Arbeiten, Information und vieles mehr. Das Ziel ist die Realisierung des autonomen Fahrens, das all diese Angebote zu einem großartigen Erlebnis lassen wird. Und das beispielsweise schon auf dem täglichen Weg zur Arbeit. Eine großartige Aufgabe. Eine großartige Zeit.

Das gesamte Interview und Labontes Vita finden Sie in der aktuellen Ausgabe des eMove 360° Magazins (Download-PDF) oder als Printversion bestellen unter sabine.metzger@emove360.com.

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01.10.2022   |  

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