Bereit für die Technik von morgen

Alles begann mit dem eigenen Auto: Vor knapp 10 Jahren stand das erste Fahrzeug mit Elektroantrieb bei Familie Köstenberger vor dem Grundstück, auf dem sich das Wohnhaus und der Firmensitz des Unternehmens der Familie befinden.

Günter Köstenberger jun. entwickelte damals erste Konzepte für eine innovative Ladetechnik, die allerdings im hektischen Alltag zunächst Konzepte blieben. Erst die Anfrage eines Geschäftspartners lieferte den Impuls zur Umsetzung. Seitdem hat sich das idyllische Ebreichsdorf im Süden Wiens zu einem Hotspot der Elektromobilität gemausert: Hier arbeiten die Technikpioniere um Köstenberger an der Ladeinfrastruktur der Zukunft.

Neugierige Blicke ist Günter Köstenberger jun. gewohnt, und er freut sich sogar darüber – „Ich finde es positiv, dass mich Menschen auf unsere Elektroautos ansprechen. Noch vor einigen Jahren war Elektromobilität eher ein Nischenthema, jetzt interessieren sich immer mehr für die Autos, aber auch für die Technik, die dahintersteckt.“ Und so stört es ihn nicht, wenn Passanten vor dem Haus und Firmengelände der Familie in Ebreichsdorf stehen bleiben und die Elektrofahrzeuge der Kostad Steuerungsbau GmbH bewundern, ganz im Gegenteil: „Elektromobilität wird der Art, wie wir Autos nutzen, völlig neue Impulse geben“, ist sich der Mittdreißiger sicher.

Umso besser, dass sich bei der Firma, die Günter Köstenberger jun. 2003 von seinem Vater übernommen hat, geschäftliche Interessen und private Begeisterung so gut ver­einbaren lassen. Das Unternehmen entwickelt und baut seit einigen Jahren einen wesentlichen Bestandteil für Elektromobilität: innovative Ladestationen. „Die Reichweite von E-Autos hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht, sodass das Thema auch außerhalb urbaner Zentren an Bedeutung gewinnt. Vollkommen alltagstauglich sind Elektroautos aber erst, wenn eine ausreichend dichte und leistungsfähige Ladeinfrastruktur zur Verfügung steht – hier wird in den kommenden Jahren viel investiert werden. Wir möchten mit unseren Stationen dazu beitragen, dass Autofahrer ihre Fahrzeuge schnell, komfortabel und sicher aufladen können – auch im öffentlichen Raum.“

Innovatives Aushängeschild

Aber ist es nicht ein großer Schritt von Schaltanlagen und Automatisierungslösungen für die Industrie, mit denen Kostad seit 30 Jahren erfolgreich ist, hin zu Ladestationen für Elektroautos? Keineswegs, so Köstenberger: „Ladestationen sind in vielerlei Hinsicht ein wirkliches Aushängeschild unserer Kompetenzen. Sie müssen robust, zuverlässig und gleichzeitig flexibel sowie leicht in eine vorhandene Infrastruktur zu integrieren sein – alles Anforderungen, mit denen wir aus Anwendungen wie der Öl- und Gasverarbeitung bestens vertraut sind.“ Mit dem großen Unterschied, dass die Ladesäulen öffentlich sichtbar sind. „Daraus ergeben sich natürlich neue Anforderungen an die Technik – zum Beispiel müssen wir die Säulen so konstruieren, dass sie gegen Vandalismus geschützt sind, etwa durch spezielle Beschichtungen der Oberflächen. Der Fahrer identifiziert sich beim Laden seines Fahrzeugs mit persönlichen Daten, die für die Verrechnung in einem zentralen Backend genutzt werden, daher müssen wir sicherstellen, dass die Kommunikation zwischen Station und Zentrale geschützt ist. Autofahrer sind außerdem typischerweise keine Automatisierungsexperten, deswegen müssen die Stationen auch komplett intuitiv zu bedienen sein.“

Das erste Konzept für Ladesäulen entwickelte Köstenberger bereits vor einigen Jahren, doch es dauerte etwas, bis Kostad die ersten konkreten Projekte realisierte. „Den Anstoß gab eine Anfrage eines Geschäftspartners, bei der ich spontan sagte: Das können wir“, erinnert sich Köstenberger. Mittlerweile hat das Unternehmen über 6000 Ladestationen ausgeliefert, darunter auch Komplettsysteme mit bis zu 10 Ladepunkten. Jede Station ist dabei individuell auf die Anforderungen des Anwenders oder Betreibers abgestimmt – bis hin zum eigenen Branding. Anfangs waren es ausschließlich AC-Ladestationen, mittlerweile hat Kostad sein Portfolio erweitert: DC-Ladestationen arbeiten mit Gleichstrom und können so die Akkus in den Fahrzeugen in deutlich kürzerer Zeit laden: Statt mehreren Stunden Ladezeit für 100km Reichweite mit einer Wechselstromstation lässt sich mit dem aktuellen Combined Charging System (CCS) für das schnelle Laden mit Gleichstrom eine 20kWh Batterie innerhalb von nur 20 Minuten zu 80 Prozent laden, was ebenfalls einer Reichweite von 100 Kilometern entspricht. Standards für noch kürzere Ladezeiten sind schon in Vorbereitung – und Kostad stellt sich bereits heute auf die neuen Anforderungen ein.

Kernkomponenten und Know-how aus der Industrie

Die aktuelle Triberium Ladestation unterstützt alle drei in Europa verbreiteten Ladestandards: Typ-2 (AC), CCS-Combo-2 (DC) und den aus Japan stammenden CHAdeMO (DC)-Standard. Im Inneren der La­de­sta­tionen arbeiten leis­tungs­fähige Kom­ponenten für die Automatisierung und Elektrik, die sonst eher in der Industrie verwendet werden. Der Wechselstrom aus dem Versorgungsnetz wird in der Station gleichgerichtet und mit dem Sinamics DCP DC-DC-Steller an die Batteriespannung angepasst – doch damit nicht genug: Die Station erfasst während des Ladevorgangs kontinuierlich die Batteriespannung und optimiert Ladestrom und -spannung des DC-DC-Stellers laufend. Diese Komponente gehört laut Köstenberger zu den innovativsten Produkten, die man aktuell für diese Aufgabe einsetzen kann.

10 Jahre und länger

Die Steuerung, sozusagen die Intelligenz der Station, muss schnelle Regelzeiten einhalten können, weswegen Kostad auch dabei auf Produkte aus der Industrie setzt: „Unser Ziel war es, die beste Ladestation auf den Markt zu bringen, die man heute bauen kann. Wir möchten garantieren können, dass unsere Stationen 10 Jahre und mehr zuverlässig arbeiten. Deswegen muss jede einzelne Komponente zuverlässig, robust und über viele Jahre verfügbar sein. Nicht zuletzt aus diesem Grund haben wir uns für Siemens-Produkte entschieden, mit denen wir schon seit Jahren in allen Bereichen gute Erfahrungen gemacht haben.“ Die Steuerung ist ein sogenannter SIMATIC ET 200 SP Open Controller, der sowohl eine Industriesteuerung als auch einen PC beinhaltet. Damit kann Kostad auf der einen Seite sicherstellen, dass der Ladevorgang immer gleich genau und zuverlässig gesteuert wird, andererseits lassen sich auch Windows-Anwendungen auf der Steuerung implementieren, zum Beispiel für die Abrechnung und Buchung mit dem Betreiber. „Da beim Open Controller die Industriesteuerung unabhängig läuft, funktioniert die Ladestation auch bei einem Neustart des Windows-Systems einfach weiter – der Autofahrer bemerkt davon nichts“, erläutert Köstenberger. Die entsprechenden Anwendungen hat Kostad selbst projektiert. Über einen großen und robusten Touchscreen lassen sich alle Funktionen einfach bedienen – ähnlich wie bei einem Smartphone oder Tablet. Bei der Auswahl und Entwicklung dieser innovativen Lösung wurde Kostad tatkräftig von Siemens unterstützt, so Köstenberger: „Wir haben vor nur eineinhalb Jahren begonnen, diese wirklich neuartige Ladestation bis zur Marktreife zu entwickeln, und jetzt haben wir bereits die ersten Systeme ausgeliefert – und das bei einem Produkt, das gerade bei der Leistungselektronik einige hohe Anforderungen stellt. Wir haben sehr davon profitiert, dass wir mit Siemens in Wien einen Partner hatten, der zum einen qualitativ gute Produkte, zum anderen das nötige Know-how in das Projekt mit einbrachte. Das Ergebnis spricht, denke ich, wirklich für sich: Es gibt keine vergleichbar gute und innovative Ladestation auf dem Markt.“

Technik, die begeistert

Woher nimmt Günter Köstenberger die Leidenschaft und Energie für die Entwicklung dieser komplexen Systeme? Als Elektrotechniker ist es vor allem die Technik, die ihn einfach begeistert: „Elektrofahrzeuge sind unglaublich faszinierende Systeme, die viele innovative Lösungen zu einem Produkt kombinieren, das einem als Autofahrer einfach Spaß macht. Und sie sind eine sinnvolle Alternative zu herkömmlichen Fahrzeugen, verursachen praktisch keine Emissionen wie Abgase oder Feinstaub. Wenn wir uns über umweltfreundliche Mobilität Gedanken machen, führt aus meiner Sicht kein Weg an Elektroautos vorbei. Ich bin überzeugt, dass diese Fahrzeuge in der Automobilindustrie einen großen Innovationsschub auslösen werden, der die Art, wie wir Auto fahren, nachhaltig verändern wird.“ Daher ist es Köstenberger ein großes Anliegen, die Elektromobilität näher an den Menschen zu bringen, und die Ladestationen seines Unternehmens sind dabei ein kleiner, aber wichtiger Baustein: „Es ist wichtig, dass sich Elektroautos nicht nur gut anfühlen, wenn man mit ihnen auf der Straße unterwegs ist. Sie müssen sich auch schnell und komfortabel laden lassen – ähnlich wie ein Auto mit Verbrennungsmotor. Daher achten wir bei unseren Stationen auch auf ein ansprechendes Design und eine gute Beleuchtung. Früher fielen in Gesprächen oft Sätze wie ¸acht Stunden aufladen, das geht einfach nicht´. Jetzt können wir diese Bedenken entkräften. Die Vorzüge von Elektroautos sprechen für sich, deshalb muss man, glaube ich, nicht mehr viel Überzeugungsarbeit leisten.“ Der Erfolg gibt Köstenberger Recht: Aktuell zieht das Unternehmen in ein größeres Produktionsgebäude um. „Wir wollen ein eigenes Kompetenzzentrum für E-Mobilität aufbauen, und auch für kommende Anforderungen wie die geplante neue Ladenorm gut gerüstet sein – mit der Automatisierungs- und Elektrotechnik in unseren Systemen haben wir ausreichend Reserven für die nächsten Jahre, aber die Technik bleibt sicher nicht stehen. Und dann wollen wir wieder ganz vorne dabei sein!“

www.siemens.de

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15.12.2016   |  

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