„Diese Daten sind gleich doppelt wertvoll“

Zwischen Wolfsburg und Braunschweig ist das „Testfeld Niedersachsen“ in Betrieb genommen worden. Auch Volkswagen nutzt die neue sieben Kilometer lange Teststrecke. Dafür gibt es zwei Gründe: Kurzfristig sollen weitere Erkenntnisse für assistiertes Fahren wie Car2X gewonnen und auf längere Sicht die Software zur Entwicklung des automatisierten Fahrens verbessert werden.

Die zahlreichen Masten und ihre Apparaturen sind nicht zu übersehen: Aufmerksamen Fahrern auf der Autobahn 39 werden die Kameras zwischen dem Kreuz Wolfsburg-Königslutter und Cremlingen bereits aufgefallen sein. Auf der neuen Versuchsstrecke werden aber nicht alle paar Meter mögliche Verkehrssünder „geblitzt“. Ganz im Gegenteil – hier wird der Verkehr erfasst, um ihn für das automatisierte und assistierte Fahren auszuwerten. „Die neue hochmoderne Teststrecke wird anonymisierte Daten zum Fahrverhalten liefern, die in dieser Menge so noch nicht existieren“, erklärt Dr. Sven Klomp. Er ist Projektleiter in der Vorentwicklung von Assistenzsystemen bei Volkswagen.

71 Masten befinden sich an dem rund sieben Kilometer langen Teilstück der A39, das neuer Bestandteil eines größeren Testfeldes im Raum Braunschweig ist. An ihnen befinden sich hochauflösende Kameras, die den Verkehr und das Fahrverhalten genauestens auswerten. Finanziert wird das so genannte „Testfeld Niedersachsen“ vom Land Niedersachsen und dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) in Braunschweig, Betreiber ist das DLR.

Fahrer auf dieser Strecke können also beruhigt sein – von den Fahrzeugen werden nur die Positions- und Geschwindigkeitsdaten aufgezeichnet und dann als Linien, sogenannte Trajektorien, weiterverarbeitet. Es werden also weder Kennzeichen noch Fahrzeugtyp oder Fahrer aufgezeichnet. Auch muss man auf der Strecke sein Fahrverhalten wegen des Projekts nicht anpassen.

Car2X informiert und warnt den Fahrer

„Uns kommt es in erster Linie darauf an, dass wir Erkenntnisse und Daten darüber sammeln können, wie sich der Verkehr tatsächlich verhält, um daraus Rückschlüsse für die Software für das autonome und assistierte Fahren gewinnen zu können“, erklärt Klomp. Besonders wichtig sind dynamische Daten. Die neusten Inhalte und Erkenntnisse fließen schon jetzt in die Verbesserung der Car2X-Kommunikation. Als erster Volkswagen nutzt der neue Golf die Car2X Kommunikation. Diese lässt die Fahrzeuge untereinander und künftig auch mit der Verkehrsinfrastruktur, zum Beispiel Ampeln, kommunizieren, um vorausschauend vor Gefahren zu warnen.

Die pWLAN-basierte Direktkommunikation stimmt sich innerhalb von Millisekunden mit ihrem Umfeld ab und kann den Fahrer so über Gefahrenstellen und -situationen informieren, bevor dieser solche überhaupt wahrgenommen hat. pWLAN dient hier speziell für die lokale Kommunikation zwischen den Fahrzeugen. Je nach Umfeld kann das Signal über eine Reichweite von 150 Metern in der Stadt und bis zu 800 Metern auf dem Land oder der Autobahn übertragen werden. „So können Fahrzeuge zum Beispiel vor ungesicherten Bahnübergängen, Stauenden oder Baustellen warnen“, sagt Klomp. „Zudem können die Fahrer informiert werden, dass sie eine „grüne Welle“ nutzen können, wenn sie ihr Tempo anpassen.“ Doch dafür ist die Verkehrsinfrastruktur heute noch nicht bereit. Sie muss ausgebaut werden, um entsprechende Signale an Fahrzeuge senden zu können.

Auf dem Autobahnabschnitt der A39 ist dies schon möglich. Durch das Zusammenspiel von Kameraerfassungstechnik und Car2X-Kommunikation kann das Testfeld schon heute eine 100-prozentige Car2X-Ausstattung aller Fahrzeuge simulieren. Hierzu wird für jedes von den Kameras erfasste Fahrzeug eine pWLAN-Botschaft generiert und ausgesendet. Die Signale werden aktuell jedoch nur für spezielle Testzyklen gesendet und erst im nächsten Schritt können Fahrzeuge, die wie der neue Golf mit der Car2X Technologie ausgestattet sind, davon in der Fläche profitieren.

Um die Informationen auf dem neuen Testareal auf der A39 zwischen Cremlingen und dem Kreuz Wolfsburg-Königslutter möglichst genau dokumentieren zu können, wurde eine digitale Karte der Strecke erstellt. Hierauf werden alle Fahrzeuge lokalisiert und liefern Daten, auch wenn sie noch nicht über Technologien wie Car2X verfügen. Dabei werden sie genau erfasst und liefern so elementare Erkenntnisse über das Verkehrsgeschehen auf der Autobahn. „Somit sind diese Daten gleich doppelt wertvoll – kurzfristig für assistiertes Fahren wie Car2X und auf etwas längere Sicht für die Software für das automatische Fahren“, erklärt Klomp. Die Karte wird immer wieder erneuert und auf dem neusten Stand gehalten. Die erhobenen Daten müssen stets aktuell sein. Denn je detaillierter die Erfassung ist, desto genauer lassen sich die Rückschlüsse in der Software umsetzen.

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