Formula Student – mehr als nur ein Rennwagen

Formula Student, auch bekannt unter Formula SAE, ist eine Klasse von Wettbewerben, bei denen Studenten mit eigens konstruierten Rennwagen weltweit gegeneinander antreten. Das Ziel ist klar: gewinnen. Mehr als 450 Teams sind weltweit registriert, wovon circa 130 deutschen Hochschulen und Universitäten zugeordnet werden können.Bild Formula Student klein

Freiwilliges Engagement und Begeisterung für Technik ist das, was Mitglieder antreibt, jede Saison aufs Neue einen oder sogar zwei Rennboliden zu entwickeln – wohlgemerkt komplett neben dem regulären Studienbetrieb! Seit einigen Jahren besteht die Möglichkeit, auch mit einem vollkommen elektrisch betriebenen Rennwagen an den Wettbewerben teil zu nehmen. Hierzu wurde die Formula Student Combusten um die Formula Student Electric ergänzt, was den studentischen Rennställen einen direkten Vergleich mit der Konkurrenz ermöglicht.

1000 Punkte verhelfen zum Sieg

Der Wettbewerb wird durch statische und dynamische Disziplinen in einem Regmlement definiert. Von 1.000 Wertungspunkten verteilen sich 325 in erstere und 675 in letztere Kategorie. Wie der Name bereits impliziert, werden in statischen Disziplinen nicht die Schnelligkeit des Fahrzeugs, sondern Kosten- und allgemeine Konstruktionsgesichtspunkte bewertet. Entgegen dazu zu wird unter anderem auf einem Handlingkurs sowie einer Renn- und Beschleunigungsstrecke die dynamische Performanz des Fahrzeugs bewertet. Das Team mit der höchsten Punktzahl gewinnt letztendlich den Wettbewerb.

TUfast – Das Rennteam der Technischen Universität München

Eines dieser Teams stammt von der Technischen Universität München, das TUfast Racing Team e.V.. Als eines der wenigen geht das TUfast Racing Team jährlich sowohl mit einem Verbrenner-, als auch einem Elektroboliden bei der Formula Student an den Start.
Einen Rennwagen zu bauen bedeutet Arbeit. Das Ganze neben dem Studium zu stemmen, macht es da natürlich nicht leichter. Doch jedes der über 80 Teammitglieder aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen ist von Autos und dem Motorsport begeistert. Zudem erfüllt sich nahezu jeder einen Kindheitstraum, selbst Teil des Produktionsprozesses eines Rennwagens zu sein. Da Leidenschaft noch immer die größte Motivation ist, finden sich zu jeder Tages- und auch Nachtzeit Teammitglieder im Büro oder der Werkstatt, die am Feinschliff ihrer Bauteile arbeiten. Das springt auch auf alle neuen Mitglieder über und spätestens nachdem man das erste Mal bei einem Testfahren den fahrenden Rennboliden erleben konnte, opfert man gerne seine Freizeit dem Projekt. Diese Motivation schweißt das Team von TUfast zusammen, sodass auch in den harten und stressigen Phasen eine konstruktive Stimmung herrscht und man sich gegenseitig unterstützt.

TUfast e-Technology – seit Beginn eine Erfolgsgeschichte

Im Jahre 2010 entschloss sich TUfast erstmals, neben einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor auch eines mit elektrischem Antrieb zu entwickeln. Es wurde ein komplett eigenständiges Team gegründet, das sich zum Ziel gesetzt hat, das erste Formula Student Elektroauto in der Geschichte des Vereins TUfast zu konzipieren.
Unserem Hauptsponsor Audi gefiel das Vorhaben und aufgrund der langjährigen Unterstützung unserer Verbrenner-Reihe entschied sich das Unternehmen, uns auch bei der Elektro-Reihe unter die Arme zu greifen. Außerdem konnten wir für das erste Elektrofahrzeug, genannt eb011, die MANN+HUMMEL GmbH als Premiumsponsoren gewinnen.
Dafür, dass wir 2011 komplett ohne Wettbewerbserfahrung an den Formula Student Electric-Wettbewerben teilnahmen, konnten wir überragende Ergebnisse erzielen. So erreichten wir in der Formula Student Italy Platz 3 der Gesamtwertung, in Österreich sogar den 2. Platz und konnten auch in Deutschland auf dem Hockenheimring in mehreren Disziplinen brillieren.

Mit solchen Erfolgen kann man natürlich unmöglich aufhören. Deswegen führten wir das Abenteuer „Formula Student Electric“ fort. 2012 beschloss TUfast, das Elektro- und Verbrenner-Team zusammenzulegen und traten fortan als ein Team mit zwei Autos auf. So konnten wir von Synergien profitieren, gemeinsames Personal nutzen und Ressourcen schonen. Das Fahrwerk- und Chassis-Team ist bis heute noch als jeweils ein Subteam für zwei Autos zuständig. Lediglich Electric-Powertrain und Combustion-Powertrain werden von unterschiedlichen Subteams entwickelt. Neben unserem Hauptsponsor Audi konnten wir für den eb012 und eb013 Kemet Electronics als Premium-Sponsoren gewinnen. Durch die guten Platzierungen des eb011, konnten wir auch weitere Unternehmen von dem Projekt begeistern und die Entwicklung vorantreiben.
Gestärkt durch den Zusammenschluss zu einem Team und unseren neuen Sponsoren traten wir auch in den Jahren 2012 und 2013 auf diversen Wettbewerben an. So konnten wir mit dem eb012 den 6. Platz auf dem Hockenheimring erzielen, welcher als der Wettbewerb mit der größten Konkurrenz weltweit gilt. 2013 feierten wir große Erfolge in Tschechien, wo wir den ersten Platz der Gesamtwertung erreichten.

Der eb014 – große Umstellungen für maximale Leistung

Dann kam der große Konzeptwechsel: Mit dem eb014 wechselten wir vom dem in die Jahre gekommenen Zweirad-Antrieb auf einen innovativen Allradantrieb mit innenliegenden Maschinen. Dieser ermöglicht es uns, alle Räder separat anzusteuern. Dieser große Umbruch hatte natürlich weitreichende Konsequenzen: Wir entwickelten eigens neue Traktionswechselrichter, ein neues, eigens konstruiertes Vollmonocoque und ein dazu passendes Fahrwerk sowie Kinematik. Dadurch hatten wir in der letzten Saison einen gewaltigen Entwicklungsaufwand, der uns nicht nur viele Nerven, sondern auch wertvolle Testzeit vor den Wettbewerben kostete. Wir wussten, dass sich der Konzeptwechsel in der Zukunft auszahlen wird, mussten aber in der Saison 2014 dafür Opfer bringen. Durch den Allradantrieb ist eine viel höhere Momentübertragung auf die Fahrbahn möglich, außerdem haben wir dreimal so hohe Rekuperationsmöglichkeiten. Die vier Maschinen ermöglichen es uns, das Potential des Boliden deutlich zu steigern.

Zusammen mit Audi, Freescale Semiconductor und Tebis, den Premiumsponsoren des eb014, brachen wir im Sommer 2014 aufgeregt zu den Wettbewerben auf. Für diesen großen Umbruch und dieses komplett neue Konzept können wir uns mit den Ergebnissen jedoch wirklich sehen lassen. Bei der Formula Student Germany auf dem Hockenheimring erreichten wir in der Gesamtwertung den 11. Platz, da wir leider bei der wichtigsten Disziplin, dem Endurance, dem Langstreckenwettbewerb über 22 Kilometer auf Grund eines defekten Lämpchens nachträglich disqualifiziert wurden. Allerdings konnten wir Top-5-Platzierungen im Beschleunigungsrennen sowie dem Skid Pad (Fahrdynamikparcours) erzielen. Trotz dieses herben Rückschlags im Langstreckenwettbewerb konnten wir ein paar Wochen später in Ungarn unser Können unter Beweis stellen. Dort belegten wir in der Gesamtwertung Platz 6 als zweitbester Elektrobolide. Im Efficiency und Skid Pad (Fahrdynamikparcours) konnten wir sogar mit Platz 1 überzeugen.

Gute Entwicklungsleistung ist Basis unseres Erfolgs

Diese Erfolge basieren voll und ganz auf der guten Entwicklungsarbeit, die TUfast jedes Jahr in seine Fahrzeuge steckt. So erklärt sich unsere hervorragende Platzierung im Skid Pad durch unsere Regelungssysteme wie Torque Vectoring und Antriebsschlupfregelung, womit die Traktion und somit die maximale laterale Beschleunigung deutlich verbessert werden konnte. Die Antreibsschlupfregelung sorgt dafür, dass die Antriebsmomente abhängig von der Radlast optimal verteilt werden. Zum Beispielwird bei der Querbeschleunigung durch die hinten steigende Radlast mehr Moment an die Hinterachse geleitet, was die Beschleunigung deutlich verbessert.
Doch auch das beste Torque Vectoring bringt nichts ohne die nötige Power. Unsere vier permanenterregten Synchronmaschinen, die jeweils über eine Maximalleistung von 25kW verfügen, sind innenliegend im Chassis verbaut und können ein maximales Drehmoment von 34Nm erzeugen. Das Getriebe ist mit 1:10 übersetzt, was uns bei einer maximalen Drehzahl der Maschinen von 17000 U/min zu einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h verhilft. Diese ist zielgerichtet auf die Rennstrecken ausgelegt, denn höhere Geschwindigkeiten sind auf Grund der kurvenreichen Rennstrecken nicht erforderlich.

Dabei kommen von unseren Teammitgliedern eigens entwickelte und optimal an das Package angepasste wassergekühlte Wechselrichter zum Einsatz, die um mehrere Kilo leichter sind als typische industrielle Wechselrichter, die von den meisten Konkurrenzteams eingesetzt werden. Durch die vollständig von TUfast entwickelte Software des Wechselrichters, ist es möglich, diesen optimal auf die Maschine abzustimmen. Auf diese Eigenentwicklungen sind wir besonders stolz.

Unser Antriebsstrang ist dabei nicht nur sehr leistungsfähig sondern auch außerordentlich effizient. Obwohl wir im letzten Jahr mit einem relativ schweren Elektroautos angetreten sind, konnten wir in der Efficiency-Wertung den ersten Platz erringen.
Zusätzlich kommt eine elektrische Energierückgewinnung zum Einsatz, sodass ein großer Teil der kinetischen Energie des Fahrzeugs beim Verringern der Geschwindigkeit in die Batterie zurückgespeist wird. Des Weiteren ist für den Verbrauch die Antriebsschlupfregelung von großer Bedeutung, die verhindert, dass Energie an Räder geleitet wird, die sich bereits an der Schlupfgrenze bewegen.
Aufgrund des hohen Gewichts des eb014 ist es wichtig, das Nachfolgemodell leichter zu machen. Davon erhoffen wir uns unsere Ergebnisse noch weiter zu verbessern.

Bei jedem Elektrofahrzeug gehört die Batterie zu den schwersten Bauteilen. Wir verwenden sechs Stecks in Serie, die jeweils aus 16 in Serie geschalteten Lithium-Polymer-Zellen in Serie und drei parallel geschalteten bestehen. Sie können maximal eine Energie 6,8 kWh speichern können. Die Energiedichte der Batterie beträgt 185 Wh/kg. Durch die enorme Belastung ist die Lebensdauer der Batterie auf 100 Ladezyklen begrenzt. Diese ist für den Rennsportbetrieb jedoch vollkommen ausreichend. Auch unsere Batterie wird dieses Jahr weiter optimiert: Wurde letztes Jahr noch per Hand geschweißt, so wird in dieser Saison auf Laserschweißgeräte zurückgegriffen.

Für solch eine kraftvolle Batterie, ist eine ständige Kontrolle der Leistungsfähigkeit unabdingbar. Um den sicheren Betrieb der Batterie zu gewährleisten, kommt ein selbstentwickeltes Battery Management System (BMS) zum Einsatz. Durch unsere Eigenentwicklung können wir das BMS optimal an den Bauraum anpassen, was zu Platz- und Gewichtsersparnis führt. Alle Zellen werden spannungsüberwacht, zusätzlich sind 30% der Zellen permanent temperaturüberwacht, um Überhitzung und die mögliche Zerstörung des ganzen Fahrzeuges zu verhindern.

Große Ziele für die neue Saison

Wir sind überzeugt auch dieses Jahr ein großartiges Konzept in die Tat umsetzen zu können. Besonders stolz sind wir dabei wie immer auf unsere selbstentwickelten Bauteile, die nicht nur hervorragend funktionieren, sondern auch beliebig an unser Auto anpassbar sind, was enorme Vorteile mit sich bringt.

Alles in allem kann man sagen, dass es 2010 definitiv eine gute Entscheidung war, mit einer Elektro-Reihe zu starten. Wir konnten uns nicht nur auf ein sehr fähiges Team, sondern auch starke Partner aus der Wirtschaft und Unterstützung seitens der TU München verlassen. Dieses Jahr haben wir mehr Teammitglieder denn je, die alle motiviert auf das große Ziel hinarbeiten: Die Top 3 auf dem Hockenheimring. Und das Ziel ist nicht unrealistisch, denn wir können diese Saison die Früchte des Konzeptwechsels 2014 ernten. Es wird weiterentwickelt, verfeinert und getestet. Schlafen können wir nach den Wettbewerben auch noch.

www.tufast.de

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18.12.2014   |  

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