Meinung: Ja zur E-Mobility-Förderung, nein zur Kaufprämie!

Menschen, die sich ein wenig für Mobilität interessieren, können derzeit zwei interessante Entwicklungen beobachten. In Stuttgart hat der grüne Oberbürgermeister Fritz Kuhn am Montag (18.01.2016) erstmals Feinstaubalarm ausgelöst.

Autofahrer sollen freiwillig ihren Pkw stehen lassen und auf Bus und Bahn umsteigen, um weniger Abgase zu emittieren. Der Erfolg ist bislang mau. Und in Berlin ist über das Wochenende in der Koalition eine hitzige Debatte über die Förderung von Elektrofahrzeugen entbrannt. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel macht sich öffentlich für eine Kaufprämie von 5.000 Euro stark. Das Finanzministerium ist von diesem Vorschlag erwartungsgemäß nicht überzeugt und auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt hält nichts von finanziellen Anreizen beim Autokauf. Für ihn sind andere Privilegien der richtige Weg – etwa Sonderparkplätze oder Vorteile bei der Dienstwagenbesteuerung.

Auch aus Sicht von MHP führt an einer erheblichen Zunahme von batteriebetriebenen Fahrzeugen auf unseren Straßen kein Weg vorbei. Gründe dafür gibt es viele. Eine dramatisch hohe Feinstaubbelastung wie in Stuttgart ist nur einer davon. Und merklich anziehen wird der Verkauf von Elektroautos tatsächlich nicht ohne eine staatliche Förderung. Aber: Eine Kaufprämie halten wir explizit nicht für den bestmöglichen Weg.

Zwar könnte eine finanzielle Entlastung von 5.000 Euro bei einigen Autokäufern ein E-Modell zu einer realistischen und attraktiven Alternative machen, wenn sie über einen Neuwagen nachdenken – auch wenn das gleiche Modell mit herkömmlichem Motor trotz Prämie immer noch günstiger wäre. Am größten Defizit der Elektromobilität – der Speichertechnologie – ändert eine solche Subvention aber kaum etwas. Sie sorgt aktuell für die hohen Preise, limitiert die Reichweite und stellt zudem hohe Anforderungen an die Ladeinfrastruktur.

Eine sinnvolle staatliche Förderung sollte daher an der Speichertechnologie ansetzen – sowohl an den mobilen Batterien, die in den Fahrzeugen verbaut werden, also auch an den immobilen Aggregaten, in denen private und gewerbliche Nutzer ihren dezentral und aus regenerativen Quellen erzeugten Strom speichern können.
Bislang ist der Verbrennungsmotor das Herzstück jedes Autos. Er macht den entscheidenden Unterschied. Und hier sind die Automobilhersteller aus Deutschland nach wie vor absolute Weltspitze. Bei den Batterien – dem Herzstück von Elektrofahrzeugen – sieht das leider ganz anders aus. Der Konkurrenz aus Asien haben weder Hersteller noch Zulieferer technologisch etwas entgegenzusetzen. Nach unserer Meinung muss sich das zwingend ändern, zumal dann, wenn Deutschland wirklich Leitanbieter werden möchte. Dass so etwas bei einer solchen Technologie möglich ist, haben chinesische Anbieter bei Photovoltaikanlagen eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Staatliche Mittel sollten daher in die Forschung und Entwicklung von mobilen Speichertechnologien fließen. Denkbar wäre zum Beispiel ein Konsortium, an dem sich Automobilhersteller und Zulieferer beteiligen und das massiv mit öffentlichen Geldern unterstützt wird.

Für Autofahrer spielen neben dem Kaufpreis auch die Unterhaltkosten für das Fahrzeug eine entscheidende Rolle. E-Mobile könnten sich hier deutlich von Autos mit Verbrennungsmotor abheben, wenn die Strompreise bezogen auf eine bestimmte Distanz unter den Benzin- und Dieselpreisen lägen. Das ist eine sehr gut vorstellbare Situation, wenn der Strom aus eigenen dezentralen und regenerativen Quellen käme – zum Beispiel aus Photovoltaikanlagen, die in Deutschland besonders verbreitet sind. Damit würde Mobilität für die privaten und gewerblichen Fahrer nicht nur günstiger, sondern auch nachhaltig. Ergänzend zur eigentlichen energieerzeugenden Anlage ist ein immobiler Speicher erforderlich, der Energie umfassend aufnehmen und bereitstellen kann. Kleine Aggregate mit einer Leistung zwischen 5 kWh und 10 kWh sind für den Einsatz im privaten Umfeld gedacht – Hausbesitzer werden damit in Bezug auf die Elektrizität autark. Attraktiv sind auch zentrale Quartiersspeicher in Wohngebieten. Mit ihnen sinken nicht nur die Kosten für den einzelnen Haushalt (zum Beispiel benötigen 50 Einheiten mit jeweils einem Bedarf von 10 kWh lediglich einen zentralen Speicher mit einer Leistung von 250 kWh). Solche Speicher können ähnlich wie eine Bank betrieben werden. Energieüberschüsse werden eingezahlt und dann bei einem höheren Bedarf wieder abgebucht. Zudem würden nicht nur Hausbesitzer auf den gespeicherten Strom zugreifen können, sondern auch Mieter von Wohnungen. Immobile Speicher, die von gewerblichen Nutzern eingesetzt werden, erreichen mittlerweile schon Leistungen von mehreren MWh – und das auf Lithium-Ionen-Basis.

Eine staatliche Förderung sollte bei den immobilen Speichern zweigleisig ausgelegt sein: Erstens sollte sie darauf abzielen, die Speichertechnologie für die Nutzer günstiger zu machen. Hier sind Kaufprämien gewiss ein Weg. Möglich wäre aber auch, die Anlagenbetreiber bei der Installation von Speichern über die Reduzierung bestimmter Abgaben zu begünstigen. Zweitens sollten auch hier Mittel in die technologische Weiterentwicklung der Aggregate fließen.

Autor: Fabian Kehle, Senior Professional Innovationsmanagement und Sustainable Mobility

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22.01.2016   |  

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