Stabile Lieferketten dank digitaler Helfer

Pünktlich um 07:30 Uhr verlässt jeden Morgen ein Lkw das Homburger Werk von Bosch. Er fährt nacheinander verschiedene Lieferanten im Umkreis von 60 Kilometern ab und sammelt dort Waren ein, die das Werk zur Produktion hydraulischer Komponenten benötigt.

Ob der Lkw alle Tourenpunkte rechtzeitig erreicht, im Stau steht oder ob sich eine Beladung verzögert – all dies sind wichtige Informationen für die Material- und Transportplaner im Werk.

Sie sind dafür verantwortlich, dass die Güter termin- und bedarfsgerecht für die Produktion in Homburg zur Verfügung stehen. „Disponenten können dank unserer im Forschungsprojekt ProveIT entwickelten IT-Plattform und einer neuen mobilen Applikation für Lkw-Fahrer die gesamte Lieferkette des Werkes überwachen und bei einer Störung richtig reagieren“, sagt Dr. Markus Bauer, Programm-Manager für Logistik-IT bei Bosch. „Der Fahrer quittiert mit der App alle wichtigen Ereignisse: Start, Ankunft, Beginn und Ende des Ladevorgangs, Verlassen des Tourenpunktes und Störungen auf der Strecke. Diese Echtzeitdaten werden über die ProveIT-Plattform gebündelt und bereitgestellt.“ Bauer hat das dreijährige Forschungsprojekt ProveIT (Production plan based recovery of vehicle routing plans within integrated transport networks) zur Optimierung von vernetzten Logistikketten geleitet. Neben Bosch waren sechs weitere Unternehmen und Institute beteiligt, die das öffentlich geförderte Projekt nun mit konkreten Ergebnissen erfolgreich abgeschlossen haben. Dazu zählen neben der ProveIT-Plattform und der App für Lkw-Fahrer auch Services für Disponenten.

Intelligenz aus der Plattform

Die Plattform sorgt dafür, dass alle Transportkanäle optimal ausgelastet sind. Sie generiert Transportaufträge, in denen alle Detaildaten zu Artikeln und Verpackungsmaterialien intelligent zusammengeführt werden. Der Disponent profitiert durch eine Empfehlung für den optimalen Transportweg von der Plattform. Gleichzeitig erhält er alle notwendigen Informationen, um auf Störungen angemessen reagieren zu können. So bündelt die Plattform sämtliche Daten, die zur Überwachung der Lieferkette nötig sind, und prüft automatisch, ob und wie stark der aktuelle Stand der Lieferkette vom geplanten Zustand abweicht. Beispielsweise gleicht sie Statusmeldungen, die der Fahrer via App übermittelt, mit Lagerbeständen und Produktionsplänen ab. Sie weiß also, wie viel von welcher Ware noch auf Lager ist und was die Produktion wann genau braucht. „Der Disponent kann sich darauf verlassen, dass sein digitaler Helfer die Tour überwacht. Er wird nur gewarnt, wenn er manuell eingreifen muss“, erklärt Bauer. Durch den einheitlichen Datenbestand kann die zuvor erfolgte strategische und taktische Planung in Echtzeit optimal vom Disponenten angepasst werden. So ist beispielsweise zu jedem Zeitpunkt klar, ob eine Störung nur durch eine Sonderfahrt behoben werden kann oder ob es nach Sichtung aller Planungsebenen auch günstigere Lösungen gibt.

Ist eine Sonderfahrt wirklich nötig?

In die Plattform ist ein Abweichungsmanagement integriert, das verschiedene Optionen und deren Folgen durchspielt. Steht beispielsweise ein Lkw im Stau, berechnet die Plattform, ob es Sinn macht, die Tour trotz Verspätung zu Ende zu fahren. Oder ob ein zweiter Lkw losfährt, der gezielt den Lieferanten ansteuert, dessen Waren die Produktion am dringendsten braucht. Die Plattform kalkuliert, welche Entscheidung wirtschaftlich am sinnvollsten ist. Die Forscher haben dazu verschiedene Störungsservices entwickelt. Dies kann eine Mail sein, die im Postfach des Disponenten eingeht, oder eine Meldung, die auf seinem Bildschirm erscheint. „Mit unseren digitalen Werkzeugen können Unternehmen ihre Transportleistung erhöhen, Transportkosten senken, den CO2-Ausstoß verringern und die Arbeit der Disponenten unterstützen“, so Bauer.

Starke Partner im Forschungsverbund

Sieben Partner waren an ProveIT beteiligt: die Softwareentwickler PTV und LOCOM, die Industrieunternehmen Bosch und ZF, das Logistikunternehmen Geis, das Forschungszentrum Informatik (FZI) und das Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme (IFL) am Karlsruher Institut für Technologie. Das Forschungsprojekt wurde von Bosch geleitet und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Das Konsortium hat die zum Projektstart definierten Anforderungen umgesetzt: komplexe Lieferketten mit Blick auf die Industrie 4.0 beherrschbar machen und die dazu nötigen digitalen Werkzeuge entwickeln.

Weiterentwicklung der App

Bosch ist nach Abschluss des Forschungsprojekts eine Kooperation mit dem FZI eingegangen. Die beiden Partner wollen beispielsweise weitere Anwendungsfunktionen wie digitale Frachtdokumente entwickeln und diese dann in die Transportprozesse von Bosch einbinden.

www.bosch.com

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