Webasto und Dieseko elektrifizieren den 90 Tonnen schweren Riesenbohrer Woltmann 90DRe. Foto: Dieseko

Bau unter Strom: Batterielösung für vollelektrischen Riesenbohrer

Webasto hat gemeinsam mit Danfoss Editron erstmals einen Riesenbohrer des niederländischen Herstellers Dieseko elektrifiziert. Der Woltman 90DRe wiegt 90 Tonnen und kann durch Bohren oder Rammen Pfähle von bis zu 36 Metern Länge in den Boden einbringen.

Weltweit sind Riesenbohrer auf Großbaustellen im Einsatz. Bisher wurden sie von Diesel angetrieben – sowohl für die Fortbewegung auf der Baustelle als auch für die verschiedenen Werkzeuge, mit denen die Maschinen arbeiten. Doch der Wunsch nach Elektrifizierung von Baumaschinen macht auch vor diesen Schwergewichten nicht Halt. Einige Länder wie die Niederlande, Norwegen und der US-amerikanische Bundesstaat Kalifornien fordern emissionsfreie Baustellen bereits ab 2025 beziehungsweise 2030. Insbesondere der Ausstoß von Stickstoffen und Kohlendioxid soll schnell und umfangreich reduziert werden. Deshalb hat Webasto bereits Lösungen für die Elektrifizierung verschiedener Baumaschinen umgesetzt, nun auch für einen Pfahlbohrer.

Die Idee: Zweiteilung der Batterie-Packs

Im Woltman 90DRe kommen 36 Standard-Batterie-Packs von Webasto zum Einsatz. Sechs davon sind fest auf der Maschine verbaut und liefern den Strom für einen kleinen Antriebs-Motor, der die Maschine kurze Distanzen auf der Baustelle fahren lässt. Die weiteren 30 Batteriepakete sorgen für immense Power beim Bohren oder Rammen. Diese Batteriepacks sind abnehmbar und so separat transportierbar. Das erleichtert den Maschinentransport von einer Baustelle zur nächsten und ermöglicht den Austausch leerer gegen geladene Akkus. Mit fast fünfzehn Tonnen bilden sie das notwendige Gegengewicht zu den Werkzeugen.

Zentrales Batteriemanagementsystem: Vehicle Interface Boxes“ (VIB)

Die Anzahl der Batterien ist so konzipiert, dass der Strom für einen durchschnittlichen Arbeitstag auf der Baustelle von etwa acht bis zehn Stunden ausreicht. Über Nacht können sie mit bis zu 90 Kilowattstunden für den Einsatz am nächsten Tag geladen werden. Sie haben einen Energiegehalt von je 35 Kilowattstunden – insgesamt liefern sie im vollgeladenen Zustand 1,2 Megawatt Leistung. „Häufig sind unsere Maschinen die ersten, die auf einer Baustelle eintreffen und arbeiten. Die Herausforderung ist dann, am Standort genügend Netzstrom zur Verfügung zu haben, um über Nacht laden zu können. Zurzeit gibt es nicht auf jeder Baustelle ausreichend Strom. Wir denken aber, dass die Verfügbarkeit von Netzstrom mit der Einführung dieser Art von elektrischen Maschinen verbessert wird“, erklärt Dirk Smulders, Geschäftsführer von Dieseko.

Die Batterien von Webasto sind robust (Schüttel- und Stoßprüfung mit 100 Kilonewton) und durch eine extra Box geschützt. Ein zentrales Batteriemanagementsystem in Form von so genannten „Vehicle Interface Boxes“ (VIB) steuert sie zentral. Die Webasto VIB dienen auch als Schnittstelle für die Kommunikation zwischen Batteriesystem und Fahrzeug. Darüber hinaus können sie im System gekühlt werden, was die Leistung auch in heißer Umgebung und bei Dauerlast garantiert.

Ganzheitliches Thermomanagement

Damit die Batterien immer in ihrem optimalen Betriebstemperaturbereich zwischen 10 und 30 Grad Celsius arbeiten, hat Dieseko sich für das Plug & Play Thermomanagementsystem von Webasto entschieden. Zusätzlich wurde eine individuelle Applikation der modularen Plattform „eCabin“ zur elektrischen Klimatisierung des Führerhauses installiert. Dazu gehören ein Hochvoltkompressor für die Kühlung, ein Hochvoltheizer HVH 100, sowie die intelligente Steuerung über das Steuergerät Cronus. „Unsere Batterie-Thermomanagement Lösung sorgt für den bestmöglichen Energieerhalt im Alltag und für eine Langlebigkeit der Batteriepacks. Außerdem heizt und klimatisiert die eCabin das Führerhaus. Damit lösen wir alle Thermo-Aufgaben auf einmal“, erklärt Lena Beckmann, Director Product Management Battery and Thermo Management bei Webasto.

Elektrische Baumaschinen sind die Zukunft

Die E-Varianten der Bohrmaschinen sind in der Anschaffung zunächst kostenintensiver, über die Jahre des Einsatzes gerechnet, sind sie finanziell dennoch interessant. „Zum einen wird Diesel noch teurer werden, zum anderen gibt es Ausschreibungen, die man schon heute nur gewinnen kann, wenn man mit Geräten punktet, die vor Ort keine Emissionen produzieren“, sagt Smulders. Ein weiterer Vorteil des elektrischen Antriebs ist, dass der Motor nur dann Energie verbraucht, wenn er genutzt wird. Diesel-Motoren laufen fast den ganzen Tag durch, auch wenn sie nur im „Standby“ sind. Das Woltman Gerät in der Gewichtsklasse 90 Tonnen ist der erste Tiefbohrer, den Dieseko und Webasto elektrifiziert haben. Lösungen für weitere Maschinen sind bereits in Planung.

<Veröffentlicht in der aktuellen Ausgabe des eMove360° Magazins. Kostenloses Download-PDF oder Printversion im Shop bestellen.>

Please follow and like us:

04.10.2023   |  

Das könnte Sie auch interessieren