eMove360°-Reisetipp: Winter-Auszeit auf La Gomera

Wer gerne die Wanderschuhe schnürt, der ist auf La Gomera genau richtig. Wem dafür die richtige Reisebegleitung fehlt, der schließt sich einer Gruppe Alleinreisender an. Denn gemeinsam machen Trekkingtouren, ein Barraquito an der Strandbar und Spontan-Yoga zum Sonnen­untergang einfach mehr Spaß.

Stefan schaut etwas verdutzt, als ihm von hinten ein großes Lätzchen um den Hals gebunden wird. Doña Efigenia schmunzelt und füttert ihm wie ein Baby einen ersten Löffel aus der großen Suppenterrine. Stefan strahlt und Efigenia ist selig. Seit mehr als 60 Jahren verwöhnt die mittlerweile über 80-jährige Köchin und Seele des Bergrestaurant Casa Efigenia La Montaña in Las Hayas auf La Gomera hungrige Wanderer mit einem dreigängigen vegetarischen Menü. Nicht nur Stefan schmeckt es. Wir alle greifen beherzt zu aus dem auf dem Tisch verteilten großen Schüsseln voller dampfendem Gemüseeintopf, Salaten mit allerlei Gemüsen und Früchten, eingedickter Gofio, Almagrote (Ziegenkäse), Kuchen und Leche Asada.

Wandern mit viel Spaß und Genuss

An Tag drei unserer einwöchigen geführten Aktivreise sind wir bereits ein eingespieltes Team aus Alleinreisenden. Vier Frauen, drei Männer, alle um die 40 Jahre alt, zu Hause quer über Deutschland verteilt. Sie kennt jeden Strauch, jedes Kraut und jedes Blümchen, lässt uns an Honigwaben schlecken und erklärt, wie der berühmte Miel de Palma, der Saft der kanarischen Dattelpalme, entsteht.

Wir lachen und erzählen viel. „Wahnsinn, wie im Zauberwald, gleich kommen Hänsel und Gretel ums Eck“, Andrea ist noch völlig beeindruckt von der Rundwanderung im ältesten Teil des Garajonay Nationalparks, deren Ausgangs- und Endpunkt Doña Efigenias Bergrestaurant La Montana. Ohne viele Höhenmeter, aber dafür mit viel Mystik im immergrünen Nebelwald mit seinen moosbehangenen Baumheiden, Gagelbäumen und Farnen. Bizarre Felsformationen verwitterter Vulkankamine erscheinen im Stau der Passatwolken wie märchenhafte Riesen.

Kaum zu glauben, dass erst zwei Tage vergangen sind, seit wir im Hafen von San Sebastián mit der Fähre aus Teneriffa angekommen sind. Nur 50 Kilometer sind es von dort an die Küste im Valle Gran Rey. Doch Geradeaus gibt es nicht auf der kegelförmigen Vulkaninsel und auch keine Küstenstraße rund um die Insel. Die Straßen führen kurvenreich von den Küstenorten hinauf auf das grüne Dach der Insel, dem Nationalpark Garajonay. Im dichten Lorbeerwald teilen sich die Wege dann in alle Himmelsrichtungen. Im Bus sind fast nur Stammgäste, die zum Teil schon seit den 1970er Jahren Richtung sonnigen Südwesten der Insel im Valle Gran Rey fahren. Sprich „Walle“ wie „Malle“, mit Restaurants, Unterkünften aller Art, einem deutschen Bäcker, Resten des Hippieflairs vergangener Tage, Trommlern, die den Sonnenuntergang begrüßen und Esoterikangeboten deutscher Aussteiger.

Ein Urgestein unter den Aussteigern im Valle ist der Fotograf Thomas Müller. Angefangen hat der gebürtige Darmstädter mit seinem Fotoladen El Fotógrafo in den 1970er Jahren an der Promenade von La Playa, heute betreibt er auch das Hotel Gomera Lounge sowie die Piano Bar mit Live-Veranstaltungen an sieben Abenden der Woche: Lokale Größen wie Saitenzauberer Juan Mesa, Flamenco-Vorführungen und Salsa-Abende locken einen bunten Mix aus Touristen und Einheimischen in die Bar. Um 24 Uhr ist Schluss, gar nicht nach Hippie Manier, schließlich wartet am nächsten Morgen der höchste Gipfel der Insel.

„Lasst uns die E-Mountainbikes nehmen, das wird sicher fantastisch“! Claudias Begeisterung ist ansteckend. Ein Teil der Gruppe lässt sich ebenfalls im Bikestore ein passendes E-Mountainbike anpassen. Der kleine Bus mit Radanhänger schraubt sich vom Valle in engen Serpentinen hinauf ins Herz des Nationalparks. Wir starten in „Pajarito“ aus zum höchsten Punkt der Insel, dem 1487 Meter hohen Pico de Garajonay. Überwältigend ist der Blick über die gesamte Insel sowie auf die Nachbarinseln Teneriffa, La Palma und El Hierro. Auf Waldwegen und gut ausgebauten Pisten radeln wir Richtung El Cercado, Las Hayas weiter durch die Weinberge auf einem schönen Trail ins Bergdorf Arure auf 825 Meter und weiter hinunter ins Valle Gran Rey. 40 Kilometer, 450 Höhenmeter bergauf und herrliche 1450 Höhenmeter Downhill! Das muss mit einem Barraquito in einem Café an der Promenade von La Playa gefeiert werden. Formvollendet türmen sich die verschiedenen Schichten aus Kondensmilch, Likör, Espresso und Milchschaum im Glas aufeinander, ohne sich zu vermischen – ein echtes kulinarisches Kunstwerk – dazu aufs Meer gucken, über das Erlebte reden und natürlich das gemeinsame Abendessen planen.

Noch ein Vorteil einer gebuchten Single-Reise: Die Abende verbringen wir meist in der Gruppe. Kein Katzentisch für Singles, dafür Geselligkeit und Spaß. Heute steuern wir das Restaurant Paraisa del Mar an – fangfrischer Fisch zu dem blutrot die Sonne im Meer versinkt. Als Inhaber Daniel erfährt, dass wir aus Deutschland kommen, zückt er sein Handy und zeigt stolz einen Ausschnitt aus einer deutschen TV-Produktion, in der von seinem Restaurant und den Kochkünsten seiner Mutter Maria Luz geschwärmt wird. Auch uns überzeugen das Thunfischfilet mariniert nach Familienrezept und das gebratene Schweinefleisch nach kanarischer Art mit Bananenmojo.

Gestärkt schlendern wir die Avenida Maritma am Meer entlang weiter Richtung Vueltas. Die mächtige Bronzestatue von Hautacuperche, dem
berühmteste Rebell von La Gomera im Kampf gegen die spanischen Eroberer, scheint den Strand zu bewachen. Uns lockt die Eisdiele El
Sueño del Yanini etwas abseits im hinteren Hafen von Vueltas: Ein Franzose und seine ungarische Frau machen dort das beste Eis der Insel. „Das wollte ich schon immer mal machen“, Stefan hat an der alten Mole ein Schild entdeckt, das für sanfte Walbeobachtung wirbt. Während er sein Walnuss-Feigen-Eis schleckt, beschließt er, sich am programmfreien Tag einer Whale­watching-Tour anzuschließen.

Magische Orte und Spontan-Yoga am Strand

Inspiriert von Hautacuperches Statue wollen Christina, Stefan und Andrea lieber zum Tafelberg La Forteleza. Ein magischer Ort, den die Alt-Gomeros als Rückzugsort bei der Ankunft der Spanier. Mit seinen 500 Meter hohen, fast senkrecht abfallenden Wänden und dem flachen Felsplateau auch für uns magisch. Der Ausblick über die gesamte Insel und hinaus aufs Meer ist der Anstrengung Lohn nach einer fünfstündigen Tour über enge Pfade, die durchaus Trittsicherheit verlangen.

Die Sonnenanbeter unserer Gruppe erkunden einstweilen das Beachlife von La Playa. Zehn Minuten Fußweg und hinter den Dünen taucht der schwarze Strand Playa del Inglès auf. Dahinter ragen die Klippen der Riscos de la Mérica 600 Meter in den tiefblauen Himmel. Große schwarze Steine bedecken den Strand, ideales Baumaterial für Steinnester, die vor Wind schützen. Im Winter in der Sonne liegen und schmökern über den Inselkönig, der dem Valle Gran Rey seinen Namen gab. Welch‘ ein Luxus! Bling! “Lust auf Yoga am Strand?“ Das Handy-Display zeigt eine Nachricht von Caroline an. Sie ist Teil unserer Single-Gruppe und angehende Yogalehrerin vom Bodensee. „Klar, bin schon da“.

An unserem letzten Inseltag sieht es leider nach Regen aus. Nicht im sonnigen Valle Gran Rey, aber in den Bergregionen im Inselnorden. Die als besonders spektakulär angekündigte Wanderung in Vallehermoso droht ins Wasser zu fallen. „Der Abstieg könnte bei Nässe problematisch, glatte Felsen zur Rutschbahn werden“, Helen wirkt besorgt. Wir starten dennoch bei Nieselregen an der Plaza von Vallehermoso und sind sicher, es wird sonnig. Und es wird. Als wir am malerisch in das Felsmassiv eingebetteten Stausee Encantadora vorbei sind und über den schmalen Wanderpfad den Aussichtspunkt Roque Blanco erreichen, werden wir mit Sonnenstrahlen und einem kitschig schönen Blick ins obere Tal von Vallehermoso belohnt. Wie die Berggämse huschen wir die weiten Serpentinen am Fuße des majestätischen Vulkanschlots Roque Cano vorbei ins Tal hinunter. Elf Kilometer, 550 Höhenmeter rauf und genauso viel wieder runter haben wir heute geschafft. Ein letzter Barraquito, ein Tänzchen in der Gomera Piano Bar und wir sind sicher: Im nächsten Jahr erklimmen wir wieder gemeinsam irgendwelche Berge.

Weitere Informationen

Allgemein: La Gomera ist die zweitkleinste der zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln. Die zerklüftete vulkanische Gebirgslandschaft der Insel ist von Wanderwegen durchzogen. Mehr als 50 bis zu 800 Meter tiefe Schluchten, sogenannte „barrancos“, fräsen vom höchsten Gipfel der Insel, dem 1497 Meter hohen Pico de Garajonay ihre Bahn zu den Stränden und Klippen am Atlantik. Das touristische Zentrum liegt im sieben Kilometer langen, zum Meer auslaufenden Tal des Großen Königs, Valle Gran Rey.

Veranstalter: Spezialanbieter für nachhaltige Reisen Mitoura, Neustadt 41, 23966 Wismar, Tel. +49 (0)3841 2524504, info@mitoura.com, www.mitoura.com, die einwöchige Reise „Best La Gomera Aktiv & Fun“ speziell für Alleinreisende gibt es ab 1529 Euro inklusive Flüge, Fähre, Übernachtung sowie Tourbegleitung, die zweiwöchige Reise kostet ab 1969 Euro.

Walbeobachtungstouren: Auf den organisierten Touren mit Occeano (www.occeano-gomera.com), Excursiones Tina (www.excurdiones-tina.com) oder Speedy Adevntures (www.speedy-gomera.com) sichtet man häufig Streifendelfine, Fleckendelfine und Pilotwale. Alle drei Anbieter haben das Zertifikat für Nachhaltigen Tourismus von der Organisation EUROPAC und bieten eine respektvolle und sanfte Art der Walbeobachtung. Preis: Um die 40 Euro für drei bis vierstündige Fahrten.

Autorin: Sabine Metzger

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