Nataliya Shvaykovska in der Aiways Europazentrale in München. Foto: Aiways

eMove360° Women-in-Tech Interview: Nataliya Shvaykovska, Director Digital Transformation Europe bei Aiways

Für die aktuelle Ausgabe des eMove360° Magazins hat Sabine Metzger mit Nataliya Shvaykovska über ihre Arbeit als Director Digital Transformation Europe bei Aiways geprochen, darüber, was sie antreibt, was sie an ihrem Job liebt und über die größten Herausforderungen in Sachen Konnektivität und UX-Design bei Aiways.

eMove360°: Wie wird man Director of Digital Transformation? Skizzieren Sie kurz Ihren beruflichen Werdegang? Wie sind Sie in die IT und speziell in die Automobilbranche gekommen?

Nataliya Shvaykovska: Eigentlich ganz einfach zu beantworten. Ich brachte die benötigten Fähigkeiten in der richtigen Phase des Unternehmens Aiways mit. Ich habe in der klassischen IT auf technischer und Managementebene in der Telekommunikations- und FMCG-Branche gearbeitet; ich habe Fachwissen im Bereich Digitales in der Medienbranche erworben und in einem Verlag gearbeitet, dort als Redakteurin eines Hochglanz-Magazins. Aber die Verbindung zur Automobilbranche habe ich seit meiner Kindheit – mein Vater leitete die Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines Automobilunternehmens, so dass ich als Kind schon Beifahrer in vielen Automodellen war. Ich las damals schon Bücher über Managementpraktiken und Produktentwicklung träumte von der Produktion. Die wirtschaftlich schwache Phase für die Autoindustrie in den 1990er Jahren in der Ukraine änderte meinen beruflichen Weg und brachte mich zur IT. Aber Sie sehen, die Wege führen wieder zusammen. Ich bin als Leiter der IT bei der Overseas Vertretung einer chinesischen Automobilmarke gelandet.

eMove360°: Warum haben Sie sich für Aiways entschieden? Was wollen Sie bewegen? Wie genau können Sie sich die Arbeit eines Director of Digital Transformation vorstellen?

Shvaykovska: Ich habe mich für Aiways entschieden, um meine Managementfähigkeiten in einem multikulturellen Umfeld, das sich auch mit produktbezogenen Themen befasst, zu zeigen. Aber ich habe mich auch für das Team entschieden. Ich erlebe hier Freiheit und Unterstützung – Aufbruch und viele neue Dinge. Das Auto als Produkt unterzieht sich ständig neuen Anpassungen, z.B. die Konnektivität und neue Antriebsarten stellen lange gewohnte Routinen und grundlegende Auffassungen auf den Prüfstand. Ich bin fasziniert von der Zeit, in der wir leben, und den Veränderungen, die wir vorantreiben. Aber man muss dazusagen: Der Kunde ist immer der Schlüssel. Das betrifft auch und vor allem meine tägliche Arbeit als Leiterin der Abteilung. Wir müssen uns umstellen, in der Denkweise, in den Prozessen der Industrie und auf heutiges Tempo und Mindset umstellen. Besonders auf die Trends, die die Automobilindustrie beschäftigen und die aus anderen, viel flexibleren Technologiebereichen stammen.

eMove360°: Was ist das Beste an Ihrem Job? Was lieben Sie an Ihrem Job?

Shvaykovska: Ganz klare und einfache Antwort: Das spannende Produkt, mit dem ich zu tun habe.

eMove360°: Können Sie uns einen Trend nennen, der den Bereich, in dem Sie arbeiten, derzeit prägt?

Shvaykovska: Das Auto hat sich zu einem softwaregesteuerten Produkt entwickelt, das ein hervorragendes Nutzererlebnis liefern soll. Ironischerweise hat der in der Automobilindustrie entstandene Lean-Ansatz die Praktiken der Softwareentwicklungsbranche beeinflusst und inspiriert, was sich wiederum auf die Branche auswirkte. Inzwischen sind Softwareentwicklungsprozesse und -strategien eine Herausforderung für die Automobilindustrie und verändern das Spiel. Daran arbeiten wir im Team mit Hochdruck.

eMove360°: Elektromobilität und Digitalisierung sind eng miteinander verbunden. Was ist die größte Herausforderung im Bereich Konnektivität und UX-Design bei Aiways, und wie setzen Sie diese um?

Shvaykovska: Die Länge eines Produktzyklus bei der Entwicklung von Automobilen und digitalen Produkten ist sehr unterschiedlich. Die digitalen Produkte sind rasend schnell neu entwickelt, nahezu jeden Monat kommen Updates auf den Markt, neue – teilweise – künstliche Intelligenzen entstehen. Wir müssen beidem Rechnung tragen und die sogenannte „alte Welt“ in eine neue transformieren. Als neuer Player im Automobilmarkt tun wir uns leichter, weil wir nicht so viel gewohnte und eingefahrene Abläufe haben, weil wir quasi auf der grünen Wiese planen konnten und somit das Tempo hochhalten können. Wir haben keine langjährige Automobilvergangenheit, sondern unsere Firma gibt es erst seit sechs Jahren. Eine mit unserer größten Herausforderungen ist tatsächlich die Menge der zu verarbeitenden Daten.

eMove360°: Warum gibt es so wenige Frauen in der Technologiebranche? Wie sieht die Situation in Ihrem Team und allgemein bei Aiways aus? Wo sehen Sie die Vorteile und Chancen, wenn mehr Frauen in der Branche arbeiten?

Shvaykovska (lacht): Manchmal wünschte ich mir, wir Frauen könnten das Kinderkriegen delegieren, vielleicht so ähnlich wie mit dem Vaterschaftsurlaub. Aber ernsthaft, wir müssen unsere Töchter ermutigen auch technische Berufe zu erlernen, Digitales zu studieren, sie immer wieder unterstützen in eine – bis in der Vorgängergeneration – Männerdomäne einzusteigen. Bei Aiways in der IT haben wir aktuell ein gleichverteiltes Team. Mit mir zusammen jeweils drei Frauen und drei Männer. Aber wir stellen weiter ein. Hier schauen wir aber nicht primär auf das Geschlecht oder die gerechte Aufteilung. Der oder die Beste bekommt den Job. So ist zum Beispiel fast die Hälfte aller Abteilungsleiter bei Aiways Europe weiblich. Und da wir auch viele weibliche Kunden haben, müssen wir einen weiblichen Blick auf unsere Produkte und Abläufe haben; das ist der Vorteil und die Chance für die Branche.

eMove360°: Gibt es Menschen, die Sie auf Ihrem Weg ermutigt haben? Weibliche Vorbilder?

Shvaykovska: Keine Prominenten, aber meine Freunde, meine Familie. Ich war immer von unglaublich großartigen Menschen umgeben, die mir mit gutem Beispiel vorangegangen sind und mich daran erinnert haben, wer ich wirklich bin, wenn ich mich einmal verloren habe oder nicht mehr weiterwusste.

eMove360°: Wie kann man mehr junge Frauen motivieren, sich für einen Beruf in der IT-Branche zu entscheiden? Haben Sie einen Ratschlag für junge Frauen, die aktuell noch in der Entscheidungsfindung sind?

Shvaykovska: Macht das woran Ihr Spaß habt, dann seid Ihr auch gut in dem was Ihr tut. Habt keinerlei Sorgen, kaum Ängste und schaut wissbegierig in die Welt. Es gibt keinerlei Grenzen für Euch. Motivation ist immer die beste Triebfeder und natürlich der sichtbare Erfolg, wenn etwas funktioniert.

eMove360°: Wie wird Mobilität Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren verändern? Wie wird sie in zehn Jahren aussehen?

Shvaykovska: Das kann man noch nicht so genau vorhersehen aber die Tendenz ist klar: Es wird immer vernetzter, es wird in Teilen autonomer und wir werden nachhaltiger, umweltverträglicher fahren oder gefahren werden. Die Menschen werden – hoffentlich – achtsamer sein und das wird sich auch auf die Mobilität niederschlagen. Aber eins wird sicher sein. Wir werden immer digitaler auch im Straßenverkehr. Es werden noch unzählige Mobilitätsangebote sowie -dienstleister entwickelt werden und die Mobilität sicherer und besser machen. Davon bin ich fest überzeugt und arbeite selbst daran.

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