Neue Hochvolt-Produktion für Leitungssätze von Elektrofahrzeugen

Interview mit Dipl. Ing. Edmund Erich, Entwicklungs-Manager für E-Mobilitätssysteme der Delphi-Sparte E/E-Architektur, EMEA, Delphi Deutschland GmbH.
Neue Hochvolt Produktion
Herr Erich, Delphi hat die Produktion von Hochvolt Bordnetzen für ein deutsches Elektrofahrzeug aufgenommen. Wie unterscheidet sich die Fertigung von Leitungssätzen für Hochvolt-Antriebe zu den üblichen 12-V-Netzen?

Erich: Die Unterschiede rühren von dem Produkt her, das zwar eine Leitung ist, aber sich im Aufbau und Dimension völlig anders darstellt. Darum musste der Fertigungsablauf, das Equipment die Qualitätssicherung angepasst und die Mitarbeiter besonders geschult werden. Ein Beispiel: Die Anzahl der Leitungen stellt sich überschaubar dar, aber es ist der komplexere Aufbau der Leitungen, der die Konfektion der Leitungen zu einem Bordnetz viel schwieriger macht. So muss nicht nur der Leiter, sondern auch der Schirm eines Kabels exakt, bündig und robust mit anderen Komponenten verbunden werden. Das erfordert im Vergleich zu einer 12 Volt Leitung zum Beispiel mehrere genau definierte Arbeitsschritte. Diese Veränderungen eines bislang sehr tradierten Arbeitsprozesses lenkte unsere Aufmerksamkeit besonders auf Ausbildung der Arbeitskräfte in der Bordnetzmontage.

Es wurde ein neue Montagelinie eingerichtet?

Erich: Ja, wir haben in Europa eine neue Montagelinie für Hochvoltbordnetze eingerichtet. Die Mitarbeiter dort sind speziell ausgebildet. Dafür braucht man sehr gut geschultes Personal und das ist ein Unterschied zu der heutigen Fertigung von Kabelsträngen und –bäumen, wie wir sie bisher über den ganzen Erdball verteilt machen. Die Mitarbeiter der Hochvolt-Fertigung tragen im Werk eine extra Kleidung, sind somit erkennbar und genießen demzufolge auch einen besonderen Stellenwert am Ort. Die Fertigungs-Vorbereitungen, wie Layout und Abläufe, erfolgten an unserem Kunden-Technologie-Zentrum in Wuppertal. Dort haben wir zunächst eng angebunden an die Entwicklung eine Hochvolt-Produktlinie eingerichtet, um praktische Erkenntnisse für die Serienfertigung im größeren Stil zu sammeln.

Kann man Erkenntnisse noch abseits von Computersimulationen sammeln?

Erich: Oja, ich kann hier nicht ins Detail gehen, aber aufgrund der allerhöchsten Qualitätsanforderungen muss jede Kleinigkeit und sei sie noch so unbedeutend auf ihre Auswirkung auf die Fertigung untersucht werden. Insbesondere – und hier stelle ich den Menschen in den Mittelpunkt – der sicher Umgang mit Hochvolt. Schließlich müssen die Fertigprodukte am Ende der Montagelinie unter Last geprüft werden. Die Anordnung und Gestaltung der Prüfbereiches muss den Anforderungen eines effizienten Ablaufes genügen und doch maximale Sicherheit vor unsachgemäßer Berührung der unter Last stehenden Komponenten bieten.

Der Mensch ist also ein wichtiger Faktor in der Bordnetzproduktion?

Erich: Richtig. Wir verfügen über ausgezeichnet ausgebildete Arbeitskräfte. Mit Ihnen zusammen haben wir den optimalen Produktionsablauf erarbeitet. Voraussetzung dafür war vor allem, dass alle Beteiligte die hohe Wertigkeit im Umgang mit dem zu verarbeitenden Material wahrnahmen. In einer Hochvoltleitung erreicht der Kupferleiter viel größere Dimensionen, zusätzlich ist er umgeben von einem Schirm wie bei einem Antennenkabel. Das ist für die Abschirmung wichtig. Jeder Handgriff muss sitzen. Es kann nicht nachgearbeitet werden. Schon ein Fehlgriff bedeutet Verlust und der Wert der davon betroffen ist, ist dann hoch. Wie bereits erwähnt, der Kupferleiter ist nicht so dünn, wie bei einem 12 Volt Kabel. Wird bei einem Niedervolt-Leitungssatz eine Leitung falsch gesteckt, so lässt sich das mit einem speziellen Werkzeug beheben, nachdem dieser Fehler detektiert worden ist. Bei einem Hochvolt-Leitungssatz geht das eben nicht.

Welche Herausforderungen für den Maschinenpark mussten sie lösen?

Erich: Generell ging es darum, die Maschinen und das ganze Equipment auf die Bearbeitung größerer Leitungsquerschnitte einzustellen. Ich kann hier nicht ins Detail gehen, aber das Schneiden war eine ganz zentrale Herausforderung. Denn es werden höhere Kräfte gebraucht, andererseits müssen sie mit Blick auf eine 100prozentig Abschirmung und Isolation geradezu sanft mit dem Material umgehen. Bei den hohen Leistungen, die die Leitungen übertragen werden und bei Potentialen von bis zu 600 Volt ist Isolation eine absolute Kernforderung. Das Abisolieren ist ein maschineller Vorgang und damit die Fertigung effizient und schnell bleibt mussten wir eine maschinelle Lösung finden, die der Quadratur eines Kreises ähnelt.

Hohe Präzision und absolute Qualität im Umgang mit einem Hightech Produkt ist Ihr tägliches Geschäft?

Erich: Ja, ich habe zwar deutlich weniger Leitungen bei den Elektro-Fahrzeugen. Aber jede Leitung hat es in sich. Denn jede Leitung bedarf einer extrem komplizierten Fertigungsweise. Jeder Schritt muss mit einer extremen Präzision gemacht werden.

www.delphi.com

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