Die E-Parktower bieten dank des neuen TOTALTRAX-Komplettsystems die Möglichkeit, auf jedem Parkplatz Elektroautos aufzuladen. Foto: TSUBAKI Kabelschlepp

Parkturm für E-Autos: Neues Kettenmodell ermöglicht ungewöhnliche Anwendung

Die „Parktürme“ des Unternehmens E-Parktower aus Haltern bieten die Möglichkeit, auf jedem Parkplatz Elektroautos aufzuladen. Für die Strom- und Datenversorgung der in Paternostertechnik aufgebauten Parktower sorgen individuell konzipierte Energieführungsketten von Tsubaki Kabelschlepp. Die in dieser Form einzigartigen Systeme wurden von den beiden Unternehmen gemeinsam entwickelt. Sie werden als fertig konfektionierte Totaltrax-Komplettsysteme inklusive Leitungen und kleinerer Anschlussketten geliefert und montiert.

Autos übereinander parken – und aufladen

Was ist eigentlich ein E-Parktower? Die Besonderheit dieses innovativen Parkhauses besteht darin, dass die einzelnen Parkplätze in einer Art der Paternostertechnik angeordnet sind, die man von Aufzügen kennt. Dabei sind die einzelnen Parkplätze als Gondeln angeordnet und können um bis zu 180° gegen und mit dem Uhrzeigersinn verfahren werden. Das hat den Vorteil, dass bis zu 16 Autos übereinander angeordnet werden können – auf einer Parkfläche, wo sonst nur drei Autos Platz finden würden. „Gerade in Städten wird Platz immer wertvoller“, erläutert Manuel Huch, CEO E-Parktower. „Es macht deshalb wenig Sinn, wertvolle Fläche für riesige Parkplätze zu opfern.“ Der E-Parktower ist deutlich effizienter als Parkhäuser oder Tiefgaragen. Weitere Pluspunkte: Der Parktower ist mobil und kann flexibel umplatziert oder erweitert werden. Zusätzlich bietet er eine digitale Werbefläche, Schutz vor Diebstahl sowie Vandalismus und Ladepunkte für E-Autos.

Eine neue Art der Strom- und Datenübertragung

Bei letzterem Punkt kommt Tsubaki Kabelschlepp ins Spiel. „Die Herausforderung besteht darin, dass die einzelnen Parkplätze ständig in Bewegung sind“, so Samuel Heinrich. „Trotzdem muss eine permanente Strom- sowie Datenversorgung gewährleistet werden.“ Bisher angewandte Übertragungsformen zum Beispiel mithilfe von Schleifringen hatte E-Parktower von vornherein ausgeschlossen. Das Unternehmen stellte deshalb eine Anfrage an Tsubaki Kabelschlepp, ob sich die Strom- und Datenübertragung über eine Energieführungskette darstellen ließe. Im Rahmen der bisher bekannten Einsatzmöglichkeiten von Energieführungssystemen war das jedoch nicht möglich: Die Herausforderung lag darin, aus den jeweiligen erreichten Endpositionen wieder zurückzuverfahren. Mit einer einzelnen Energieführungskette, welche nur über einen Festpunkt (Einspeisepunkt) angebunden ist, ist das technisch nicht möglich.

Eine individuelle Lösung mit zwei Einspeisepunkten

Die Experten von Tsubaki Kabelschlepp mussten gemeinsam mit dem Team von E-Parktower bei dieser Anwendung also neue Wege beschreiten. „Wir entwickelten eine Energieführungskette mit zwei Einspeisepunkten“, erläutert Heinrich. „Über diese zwei Einspeisepunkte werden jeweils die Hälfte der Leitungen in die Kette eingeführt und treten dann an einem Übergabeblech in der Mitte der Kette wieder aus.“ Von dort aus wird jede einzelne Gondel mit Strom und Daten versorgt. Um die Kette aus den jeweiligen Endstellungen wieder zurückzuverfahren, ist es notwendig, die Kette mit zwei Treibrädern zu bewegen. Diese liegen formschlüssig auf beiden Seiten der Energieführungskette an. Für die Kraftübertragung der Treibräder auf die Kette musste eine komplett neue Energieführungskette inklusive angespritzter Tragbolzen entworfen werden. Aufgrund des großen vertikalen Verfahrweges der Kette sowie den zahlreichen Wechselbiegungen der Leitungen war darüber hinaus eine neue Art der Führung und Zugentlastung nötig.

TKV105: Ein neues Kettenmodell mit zwei Besonderheiten

Um diese Anforderung realisieren zu können, entwickelte Tsubaki Kabelschlepp ein komplett neues Kettenmodell – die TKV105. Mit auf die Anwendung genau angepassten Kettenabmessungen und Kettengliedteilungen wurde ein Produkt geschaffen, welches auf die Herausforderungen der Anwendung zugeschnitten ist. Die Kette kann problemlos im bewährten Kabelschlepp 1mm Breitenrastermaß gebaut werden, so steht auch wachsendem Befüllungsbedarf keine Sonderkonstruktion mit langen Lieferzeiten im Wege. Beim Projekt E-Parktower wurden zwei separate Kettensysteme zu einer einzelnen Primärkette zusammengefügt, was einer Gesamtlänge von rund 20 m entspricht.

„Die Kette verfügt über zwei Besonderheiten“, erklärt Samuel Heinrich. „Erstens die seitlichen Tragbolzen. Sie ermöglichen den Einsatz in einer vertikalen Verfahrposition sowohl nach oben als auch unten. An diesen Tragbolzen kann die Kette mit Hilfe eines Treibrades verfahren werden.“ Der Hintergrund: Mit den bisher auf dem Markt verfügbaren Kettenmodellen ließ sich dieses Merkmal nur durch aufwendige Montagearbeiten realisieren, die an jedem einzelnen Kettenglied ausgeführt werden mussten. Um flexibel zu bleiben, ist das Kettenmodell TKV105 jedoch auf Kundenwunsch auch ohne die seitlich überstehenden Tragbolzen erhältlich.

Die zweite Besonderheit: Die Energieführungskette verfügt über eine integrierte Zugentlastung für die verlegten Leitungen, was früher nur über eine spezielle und damit kostenintensive Sonderausführung möglich war. Die problematischen Zugkräfte, welche aufgrund des hohen Eigengewichts der in der Kette herabhängenden Leitungen auftreten, können nun mit einfachsten und damit günstigen Bauteilen abgefangen werden. Diese integrierte Zugentlastung lässt sich beliebig an jeder Stelle der Kette einsetzen.

Bahn frei für die innovativen Parktürme

Im Juni 2022 wurde in Haltern am See der erste E-Parktower eingeweiht. „Die Lösung berücksichtigt wirklich alle unsere Anforderungen“, so Manuel Huch. „Zudem erhielten wir alles aus einer Hand – von der Entwicklung über die Lieferung bis hin zur Montage“. Das Totaltrax-Komplettsystem für E-Parktower umfasste nicht nur die Energieführung, sondern zum Beispiel auch fertig konfektionierte Traxline-Leitungen. Der Kunde profitiert von einer perfekt aufeinander abgestimmten Zusammensetzung der mechanischen und elektrischen Komponenten. So ausgerüstet, steht dem Siegeszug der neuartigen Parktürme nichts mehr im Wege – und das Parkplatzproblem in Großstädten könnte bald vermindert sein.

Dieser Gastbeitrag von Dirk Thomas, Technischer Außendienst bei Tsubaki Kabelschlepp, ist im aktuellen eMove360° Magazin zu lesen. Her kostenloses Download-PDF laden oder die Printversion bestellen per E-Mail an sabine.metzger@emove360.com.

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