Der eMove360°-Testbericht: Audi e-tron Sportback 55 quattro – Wellness auf vier Rädern

Sonntagmorgen. Die Sonne strahlt vom vorwinterlichen Himmel. Wir starten von München über die A8 und die Deutsche Alpenstraße nach Berchtesgaden. Dort schlängelt sich Deutschlands höchstgelegene Panoramastraße, die legendäre Rossfeldstraße, in engen Kurven bis auf 1560 Meter Höhe. Ist der Audi e-tron Sportback 55 quattro dafür gewappnet? Wie behauptet er sich in den engen Kurvenradien? Reichen die Akkus? Wir begeben uns auf Testfahrt.

Von Sabine Metzger

ERSTE ETAPPE: A8 – AUTOBAHN-KLASSIKER DER MÜNCHNER RICHTUNG SÜDOSTEN
Ruhig liegt der e-tron auf der Straße. Auch bei hoher Geschwindigkeit. Ich steige ins Gas, möchte die Beschleunigung testen. Die ist auf jeden Fall sehr sportlich: 6,6 Sekunden (mit kurzfristigem Boost 5,7) gibt der Hersteller für den Sprint auf 100 km/h an, die Spitze ist bei 200 km/h begrenzt. Den e-tron gibt es mit zwei verschiedenen Akkugrößen und in drei Leistungsversionen. 95 kWh (brutto) stecken in dem mächtigen, rund 700 Kilogramm schweren Akkupack. Nutzbar sind davon netto 86 kWh. Die Reichweite vom Audi e-tron Sportback 55 quattro ist mit 446 Kilometer nach WLTP angegeben – abhängig von Ausstattung und Fahrstil.

BOXENSTOPP SAMERBERG: CAPPUCCINOPAUSE AN DER IONITY-LADESÄULE
Für die Berge wollen wir gerüstet sein und steuern die IONITY-Ladestation an der SamerbergRaststätte an. IONITY ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Audi, Mercedes, BMW, VW und Ford, das sich um das sogenannte High Power Charging (HPC) kümmert und Akku-Schnellladungen über 100 kWh und mehr ermöglicht. Praktisch: Der e-tron hat jeweils links und rechts vorne am Kotflügel einen Ladeanschluss, damit entfällt lästiges Rangieren an die Ladesäule. Das gefällt mir. An der Schnellladestation mit 150 kW lädt er in einer knappen halben Stunde auf 80 Prozent. Sprich, einen Cappuccino trinken, etwas Sonne tanken und weiter geht die Fahrt.


Überhaupt ist das Laden und Bezahlen easy: Der e-tron Charging Service hat mittlerweile mehr als 180.000 Ladepunkte in 26 europäischen Ländern. Einfach mit der Audi-eigenen Ladekarte oder übers Smartphone zu aktivieren – zu einheitlichen Preisen. Wer vor allem in der Stadt laden möchte, wählt den Citytarif und zahlt eine Grundgebühr von 4,95 Euro im Monat. Wer häufig auf der Autobahn unterwegs ist, nimmt den Transittarif für 17,95 Euro im Monat und kann alle Schnelladesäulen nutzen. 0,48 Euro/kWh für DC-Laden, 0,38 Euro/kWh für AC-Laden. Das superschnelle Laden an einer Ionity-Säule kostet 0,31 Euro/kWh im Transittarif.

GEWÖHNUNGSBEDÜRFTIG: VIRTUELLE AUSSENSPIEGEL
Kameras an schmalen Ärmchen zeigen ein digitales Bild des rückwärtigen Verkehrs auf OLEDDisplays am Übergang zwischen Türen und Armaturenbrett. Das sieht spacig aus und ist wahrscheinlich aerodynamischer, auch der tote Winkel verschwindet, aber ich sehne mich nach den gewöhnlichen Außenspiegeln. Das räumliche Sehen fällt schwerer: Wie schnell ein Auto von hinten ankommt, ist in einem gewöhnlichen Spiegel besser zu erkennen. Diese optionale Ausstattung (Preis um die 1500 Euro) kann man sich, meiner Meinung nach, sparen.

AUDI AG

RUNDE SACHE: AUTOMATISIERTES FAHREN
Was richtig Spaß macht, ist das automatisierte Fahren. Der e-tron wechselt, wenn man den Blinker setzt sehr weich auf die andere Spur und erkennt gut, ob jemand von hinten kommt. Auch die Anpassung der Geschwindigkeit ist sehr angenehm und rund. Der Wagen reduziert von alleine die Geschwindigkeit, wenn ein anderes Fahrzeug vor ihm ist, oder man mit zu hoher Geschwindigkeit unterwegs ist. Trotzdem hat man die Freiheit auch mal über die Stränge zu schlagen. Gefällt uns gut! Eine Besonderheit ist das Gaspedal des Audi e-tron, das den Fahrer über einen kurzen Ruck auffordert, den Fuß vom Pedal zu nehmen, wenn er beispielsweise auf eine Ortschaft zufährt. So lässt sich vorausschauend fahren und Energie sparen.

AUSGETRICKST: TOUCHSCREEN WIE TASTEN
Drei gut lesbaren Bildschirme bilden das Cockpit, zwei davon mit gelungener Touchbedienung. Beim Drücken der „Tasten“ auf dem Schirm gibt es sogar eine haptische Rückmeldung, so als hätte man tatsächlich eine Taste gedrückt. Die Flächen sind gefedert gelagert, die „Tasten“ müssen gedrückt werden, bis es klackt. Vorteil: Fehleingaben durch versehentliche Berührungen werden so verhindert.

Cockpit – Audi e-tron Sportback 55 quattro

CRUISEN AUF DEUTSCHLANDS HÖCHSTGELEGENE PANORAMASTRASSE
Wir nehmen die Autobahn-Ausfahrt Traunstein/ Siegsdorf und cruisen die Deutsche Alpenstraße von Inzell über Schneitzlreuth nach Berchtesgaden zur mautpflichtigen Rossfeld-Panoramastraße, die sich knapp 15 Kilometer lang von Oberau (850 m) und Obersalzberg (750 m) bis auf 1570 Meter Höhe schlängelt. Der e-tron liegt wunderbar auf der Straße. Auch in den engen Kurvenradien. Oben am Scheitelpunkt – welch ein Empfangskomitee: Im Südwesten Westen stehen Watzmann, Hochkalter und Reiteralpe Spalier. Im Osten das Salzachtal, Salzburg und der Dachstein, im Süden der Hohe Göll und der Kehlstein mit dem Kehlsteinhaus. Ein Panoramatraum vom Feinsten!

 

BERGAB: ENERGIE GEWINNEN
Die steilen Kurven haben an der Reichweite genagt. Doch von nun an geht es nur noch talwärts – Abbremsen bedeutet, Energie zurück gewinnen. Bis 0,3 g rekuperiert der Elektro-SUV über die E-Maschinen. Dies sei, so Audi, bei mehr als 90 Prozent aller Verzögerungen der Fall. Bei einer Bremsung aus 100 km/h nutzt der e-tron die Elektromotoren als Generator und kann bis zu 220 kW Energie zurückgewinnen. Gelungen: Durch das Audi-eigene, sogenannte „integrierte Bremsregelsystem“ kann auch über die Bremse rekuperiert werden – zusätzlich zur Schubreku, die sich über die Paddels am Lenkrad einstellen lässt. Der Fahrer entscheidet also selbst, wie er das Auto bewegen möchte und wird nicht zum One-Pedal gezwungen. Das schätzen gerade Autofahrer, die vom Verbrenner kommen, sehr.

ENTSPANNUNG BEIM BOXENSTOPP: RÜCKENMASSAGE
Über den Süden der Stadt Salzburg geht es zurück auf die A8. Wir steuern den KREISEL Power Charger am Hans-Peter Porsche Traumwerk in Anger an. Dort kann man die Ladezeit nutzen und historische Fahr- und Spielzeuge gucken. Corona-bedingt ist die Erlebnisausstellung leider geschlossen und wir fahren weiter nach Holzkirchen an die dortige IONITY-Ladestation und entdecken zufällig einen weiteren Wohlfühlaspekt im Audi e-tron: Die Sitze verfügen über eine Massagefunktion. Nach einer Viertelstunde an der Ladesäule, gleiten wir völlig entspannt, laut- und emissionsfrei die letzten Kilometer zurück nach München.
Fazit von Herausgeber Robert Metzger: „Ein sehr schönes, solides Auto mit hoher deutscher Ingenieurskunst, aber etwas zu geringer Reichweite.“

Fazit von Chefredakteurin Sabine Metzger: „Lob an die Audi-Design-Schmiede um Marc Lichte in Ingolstadt. Die Optik des Audi e-tron Sportback ist absolut gelungen. Trotz seiner 4,90 Meter Länge und 1,60 Meter Höhe, wirkt das SUV-Coupé alles andere als monströs. Die Sitze, die neben Sitzheizung und Sitzkühlung mit Massagefunktion ausgestattet sind, sorgen für Wohlfühlmomente. Toll auch der auffallend geräuscharme Innenraum und die Luftfederung, Fahrbahnunebenheiten spürt man so gut wie nicht. Das Laden ist simpel. Rund und weich funktioniert das automatisierte Fahren. Als Cityflitzer sehe ich ihn nicht, aber als sehr „sympathischen Überlandgefährten“. Eines ist klar, Audi kann elektrisieren.“

Diesen Beitrag finden Sie ebenfalls im aktuellen eMove360° Magazin kostenlos zum Download unter https://www.emove360.com/wp-content/uploads/2020/12/eMove360_Magazin_04_2020.pdf

 

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16.12.2020   |  

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